Voraussetzungen und Prozesse der Geldwirtschaft
Ernst Dorfner
Die Vorfinanzierung in Geld wird nur deshalb möglich, weil Unternehmen ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form von Aktien gegen Geld an Vermögenseigentümer verkaufen.
Die Vermögenseigentümer werden dadurch zu Kapitalgebern. Sie werden es aber nur solange, wie sie sicher sind, diese Verträge teurer verkaufen zu können, als sie sie gekauft haben.
Die Unternehmen, die so zu Kapitalgesellschaften werden, sind so in der Lage, Forderungen gegen sich selbst auszustellen, die von den Geschäftsbanken und der Notenbank gegen Kredit und damit gegen zusätzliches Geld eingelöst werden. Sie sind also in der Lage, sich zu verschulden. Dabei verpfänden sie das Eigenkapital, bzw. genauer, die mit dem Eigenkapital erworbenen Vermögenswerte als Sicherstellung des Kredites.
Inhalt
A. Systemische Voraussetzungen
0. Lohnarbeit (Erwerbsarbeit) setzt die Geldwirtschaft voraus
Es gibt Lohnarbeit nur solange, wie sich Vermögenseigentümer finden, die bereit sind, Lohnarbeit in Geld vorzufinanzieren.
1. Eigentum und Vermögen - Geldwirtschaft als Vertragswirtschaft
Vermögen äußert sich in der Eigentumsgesellschaft in Forderungen und ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ und nicht so sehr in direktem materiellen Besitz. Diese Verträge können nur dann in Geld verwandelt werden, wenn und solange es dritte Personen gibt, die bereit und fähig sind, diese Verträge gegen Geld anzukaufen. Dem Geld selbst steht eine Forderung (Verschuldung) gegenüber.
2. Eigentum und Geld
Die Vorfinanzierung in Geld wird nur deshalb möglich, weil Unternehmen ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form von Aktien gegen Geld an Geldvermögenseigentümer verkaufen.
B. Systemische Prozesse
3. Geld und ökonomische Dynamik
Da wegen des Gewinnaufschlages die Preise der am Markt angebotenen Konsumgüter höher sind als deren Kosten, können die Beschäftigten in der Konsumgüter-Produktion ihr ganzes Produkt nicht selbst kaufen. Zwangsläufig bleibt davon ein Teil für die zusätzlich in der Investitionsgüterindustrie Beschäftigten übrig, die diesen Rest mit ihrem Einkommen kaufen. Für dieses Einkommen ist zusätzliches Geld erforderlich, dass aus den für Netto-Investitionen aufgenommenen Krediten kommt.
4. Wettbewerb und Wachstum
Ein Gutteil des einzelunternehmerischen Gewinnes stammt nicht aus dem Wettbewerb, sondern aus dem Wachstum der Wirtschaft zufolge Netto-Investitionen. Diese Alimentierung des Gewinnes aus dem Wachstum führt zu einem positiven Gewinnsaldo. Dieser mildert den Wettbewerbsdruck
C. Historische Prozesse
5. Die Wachstumsphase: Das Vordringen der Erwerbsarbeit
Solange die Konsumgüterindustrie in den noch vorhandenen Subsistenzsektor hinein sich ausbreiten und neue Konsumbedürfnisse entwickeln kann und sich dabei Möglichkeiten für Erweiterungsinvestitionen finden, wird eine positiver Gewinnsaldo gesichert sein. Liquides wird in gebundenes Eigentum verwandelt.
6. Die Schrumpfungsphase: Von der Erwerbsarbeit zurück zur Taglöhnerei
Mit sinkender Nachfrage nach Konsumgütern können die einzelnen Unternehmen die hohen Kosten der Rationalisierungsinvestitionen immer weniger durch gleichzeitige Steigerung der abgesetzten Stückzahlen verdienen. Rationalisierungsinvestitionen werden durch ‘Rationalisierungen ohne Investitionen’ abgelöst. Das Angebot an Erwerbsarbeit sinkt kontinuierlich.
7. Sicherung des gebundenen Eigentums
Mit dem Rückgang an Realinvestitionen geht es immer weniger um die Schaffung von neuem gebunden Eigentum in Form von Realvermögen, sondern immer mehr um die Sicherung des bereits investierten und daher nichtliquiden Eigentums.
8. Die Verwandlung von Geldvermögen in Finanzvermögen
Das bei den reichen Haushalten sich bildende Geldvermögen fließt in die Unternehmen zurück, wenn sich diese in der Folge eines Rückkaufes ihrer gesamten Aktien zu einer Neuemission zu einem Kurs nahe dem Ankaufkurs entschließen. Damit erfolgt eine Aufstockung des Eigenkapitals und gegengleich eine Reduzierung der Fremdmittel, während die Privathaushalte ihr Geldvermögen in Finanzvermögen verwandeln.
9. Spekulative Finanzmarktgeschäfte
Als die maßgeblichen Käufer bzw. Verkäufer von Aktien sind die Fondsmanager genötigt, in der Baisse mit ihrem Verhalten einen allgemeinen Absturz der Aktienkurse hintan zu halten. Das unkontrollierte Abstoßen von Aktien würde einen Verkaufsrun der eigenen Fondspapiere initiieren, der zwangsläufig in der Zahlungsunfähigkeit der Fonds mündete.
A. Systemische Voraussetzungen
0. Lohnarbeit (Erwerbsarbeit) setzt die Geldwirtschaft voraus
0.01.
Die Anerkennung der Grund- und Freiheitsrechte ist Kennzeichen der demokratisch verfassten Industriestaaten. Zu diesen Grundrechten gehört auch der Schutz des Eigentums. Die Freiheitsrechte, die jedem Menschen von Geburt an angehören, schließen dabei aus, dass der Mensch selbst Gegenstand von Eigentum werden kann.
Dass das nicht immer so selbstverständlich war, wird im Staatsgrundgesetz von 1867, einem Teil der österreichischen Bundesverfassung, deutlich. Dort heißt es im Artikel 7: ”Jeder Untertänigkeits- und Hörigkeitsverband ist für immer aufgehoben. Jede aus dem Titel des geteilten Eigentums auf Liegenschaften haftende Schuldigkeit ist ablösbar, ....” Der Mensch kann somit weder gekauft noch verkauft werden.”
0.02.
Humanressourcen sind daher nicht eigentums- und bilanzfähig. Der Mensch kann jedoch als Rechtssubjekt seine Arbeitskraft in Form von Lohnarbeit an andere verkaufen und wird diese von anderen gekauft. Ebenso sind mit Menschen abgeschlossene Verträge auf Erbringung einer besonderen Leistung möglich. Diese Verträge sind eigentumsfähig.
0.03.
Es gibt nur solange Lohnarbeit (Erwerbsarbeit), wie sich jemand findet, diese Lohnarbeit auf sein Risiko vorzufinanzieren. Da aber als Ausgleich für dieses Risiko ein Gewinn erwartet wird, gibt es Lohnarbeit auch nur solange, wie dieser Gewinn aus der Nutzung von Lohnarbeit erwartet werden kann.
Der Lohnarbeiter kann durch die Bezahlung in Geld bereits vor Fertigstellung und Verkauf des Produktes auf die am Markt angebotenen Waren zugreifen. Ob das Produkt gelingt und auch verkauft werden kann, dieses Risiko trägt allein der Unternehmer. Für den Lohnarbeiter wir diese Gegebenheit erst dann schlagend, wenn der Unternehmer zahlungsunfähig wird.
Damit ist auch erklärt, dass mit dem Sinken der Gewinne nicht gegengleich eine Erhöhung des gesamten Arbeitseinkommens verbunden ist, sondern das Gegenteil. Wenn das Risiko steigt, dass keine ausreichenden Gewinne mehr zu erwarten sind, wird auch immer weniger Lohnarbeit angeboten.
1. Eigentum und Vermögen - Geldwirtschaft als Vertragswirtschaft
1.01.
Eigentum unterscheidet sich deutlich vom Besitz. Eigentum ist ein Rechtskonstrukt, also etwas immaterielles, das einen Rechtsanspruch sowohl auf Materielles als auch Immaterielles zuweist. Es äußert sich zivilrechtlich in Form von Verträgen und öffentlich-rechtlich in Form von Bescheiden. Eigentum setzt den Rechtsstaat (Rechtsgemeinschaft) voraus.
Das Eigentum an Boden und darauf errichteter Bauwerke äußert sich durch eine Eintragung ins Grundbuch, das Eigentum an Gütern durch eine Zahlungsbestätigung, das an einer offenen Forderung durch einen zivilrechtlichen Vertrag, das an einer Betriebsbewilligung in einem Bescheid, das Eigentum eines Gehaltsbezuges in einem Dienstvertrag oder einem Bescheid, das an einer Erfindung in einem Patent, usw..
1.02.
Vermögen und Reichtum äußert sich in der Eigentumsgesellschaft idealtypisch in Forderungen und ‘Verträgen auf Erfüllung in Zukunft’ gegen bzw. mit zweite(n) Personen und nicht in direktem materiellen Besitz. (Geld-)Forderungen sind ihrer Höhe nach in Geld definiert und durch die Verpflichteten bei Fälligkeit in Geld einzulösen. Sie bilden das Geldvermögen.
‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ können nur dann in Geld verwandelt werden, wenn und solange es dritte Personen gibt, die bereit und fähig sind, diese Verträge gegen Geld anzukaufen. Sie bilden das Finanzvermögen.
Die Geldwirtschaft setzt insoweit eine freiheitliche Gesellschaftsordnung voraus, als in ökonomischer Hinsicht individuelle Vertragsfähigkeit unabdingbar ist. Nur vertragsfähige Personen können Vertragsverpflichtung übernehmen. Forderungen (Guthaben) und Verpflichtungen (Schulden) sind unabdingbar aneinander gekoppelt wie die beiden Seiten einer Münze. Forderungen sind Verträge, deren Erfüllung der Höhe (Geldsumme) und der Zeit nach eindeutig definiert ist. Dazu zählen vor allem Kreditverträge, aber auch alle offenen Rechnungen, sowie Anleihen und andere festverzinsliche Wertpapiere, nicht aber Aktien.
Aktien sind ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’. Sie sind hinsichtlich Betrag und Einlösezeitpunkt offengelassene, an Börsen gehandelte Wertpapiere, die dort von Dritten mit Geld gekauft werden. Nur in Ausnahmefällen werden sie von den Emittenten zurückgekauft.
1.03.
Die Geldwirtschaft ist eine Form des Wirtschaftens, die sich aus dem Umgang mit Eigentum heraus entfaltet sowie Eigentum systemisch voraussetzt. Geldwirtschaft ist damit ‘Vertragsökonomie’, die den Rechtsstaat zwingend voraussetzt. Ihm obliegt es, mit seinem Gewaltmonopol die Einhaltung der Verträge durchzusetzen. Erwerb und Mehrung von Eigentum ist dabei nur auf ‘ökonomischem’ Weg möglich.
Wenn von ‘Deregulierung’ gesprochen wird, so kann sich das immer nur auf den Inhalt und die Schranken des Eigentums beziehen. Generell ist jedoch Geldwirtschaft ohne Regeln und deren Durchsetzung durch das staatliche Gewaltmonopol nicht denkbar. Sie würde sich rasch wieder hin zu einer ‘War-Lord-Gesellschaft‘ oder Gewaltherrschaft wandeln.
1.04.
Ein deutliches Abbild dieser Vertragsökonomie ist die Bilanz einer Kapitalgesellschaft. Dort stehen dem Real- und Geldvermögen sowie ‘fremdem Finanzvermögen’ auf der linken Seite der Bilanz die Rechte (und Pflichten) des Eigenkapitals und die Rechte des Fremdkapitals auf der rechten Seite gegenüber. Das Eigenkapital übernimmt dabei die Haftungsverpflichtungen gegenüber den Rechten (Forderungen) des Fremdkapitals.
‘Fremdes Finanzvermögen’ auf der linken Seite der Bilanz sind Aktien anderer Unternehmungen, deren Wert sich im Ankaufspreis ausdrückt, solange der höhere Kurswert nicht realisiert ist.
Der Ertrag des Eigenkapitals ergibt sich nach Abzug des Anspruches des Fremdkapitals vom Gesamtertrag. Dementsprechend ergibt sich für das Eigenkapital ein unterschiedlich hoher Gewinn oder Verlust. Das Haftungsrisiko übernimmt das Eigenkapital aber nur deshalb und solange es hierfür mittelfristig einen ausreichend hohen Ertrag (Gewinn) erwarten kann.
2. Eigentum und Geld
2.01.
Wirtschaftliche Tätigkeit ist das Zusammenfügen von verschiedenen Ressourcen zu einem ‘fertigen’ Produkt. Diese Ressourcen in Form von Einrichtungen, Vormaterialien, aber auch in Form von Lohnarbeit, befinden sich in der Eigentumsgesellschaft mehrheitlich nicht im Eigentum des jeweiligen Unternehmers. Insbesondere gilt dies für die menschliche Arbeitskraft.
2.02.
Der Zugriff ist in einer geldlos gedachten Wirtschaft durch die Beteiligung der Eigentümer der benötigten Fremdressourcen am materiellen Erlös des Endproduktes möglich. Hierzu werden mit diesen Eigentümern ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ abgeschlossen. So wie aber diese damit am Ertrag des Endproduktes partizipieren, tragen sie auch das Risiko eines Verlustes mit.
2.03.
Die Geldwirtschaft, in welcher der Zugriff mit der Bezahlung in Geld möglich wird, unterscheidet sich deutlich davon. Mit der Bezahlung in Geld werden die Eigentümer der Fremdressourcen aus diesen ‘Verträgen auf Erfüllung in Zukunft’ mit allen ihren positiven wie auch negativen Folgen entlassen. Sie werden zudem in die Lage versetzt, unmittelbar – also in der Gegenwart - auf anderes Eigentum, das am Markt angeboten wird, zugreifen zu können.
2.04.
Insbesondere wird dem Lohnarbeiter der Zugang zu den am Markt angebotenen Waren und Leistungen möglich, ehe noch sein Produkt verkauft werden kann. Dieser Vorteil der Lohnarbeit wird gegenwärtig unter den Bedingungen des Verlustes von ‘Lebensarbeitsplätzen in den Kernbereichen’ und dem Entstehen der sgn. ‘neuen Selbständigkeit’ erst so recht sichtbar, wo sich der ‘neue Selbständige’ bis zum Zeitpunkt der Zahlung in Zukunft selbst vorfinanzieren muss.
2.05.
Die Bezahlung in Geld wird aber nur deshalb möglich, weil das Unternehmen als Käufer der Fremdressourcen seinerseits ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form von Aktien an Vermögenseigentümer gegen Geld verkauft. Die Vermögenseigentümer werden dadurch zu Kapitalgebern. Sie werden es aber nur deshalb, weil und solange sie für die Übernahme des Risikos und der Haftung einen Ertrag in Form des Gewinnes oder in Form der Kurssteigerung der Aktien erwarten können.
2.06.
Es gilt also: ‘Kaufen, um teurer zu verkaufen’. Dieses wird zur allgemeinen Formel der Geldwirtschaft. Diese wird so nicht durch die Bereitstellung von ‘sinnvollen’ Produkten angetrieben, sondern durch das Bemühen der Akkumulierung von Geld. Besteht nicht genügend Aussicht, teurer verkaufen zu können, wird nicht gekauft. Das gilt auch und gerade für Aktien. Wo aber nicht gekauft wird, gibt es kein Geld.
‘Vorher kaufen, um später teurer zu verkaufen’: Das ist das Anliegen des Wurstsemmelverkäufers beim Straßenfest, des Kleinkrämers, des Kleider- und Sportartikelhändlers, des Fabrikanten, der die menschliche Arbeitskraft, Maschine, Vorfabrikante,... kauft. Dieses ‘Vorher kaufen’ unterscheidet die Geldwirtschaft ganz deutlich von einer Tauschwirtschaft, wo vorher verkauft und dann mit dem Erlös erst gekauft wird. Nur dort aber, wo zuerst gekauft wird, um später dann verkaufen zu können, entsteht jene Zeitspanne, die eine Verschuldung begründet, deren Auflösung durch Geld erfolgt.
2.07.
Der Preis der ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form der Aktien wird stark durch Erwartungshaltungen beeinflusst.
2.08.
Die Unternehmen, die zu Kapitalgesellschaften werden, sind so nun in der Lage, Forderungen gegen sich selbst auszustellen, die von den Geschäftsbanken gegen Buchgeld (Forderungen auf Geld) bzw. von diesen bei der Notenbank gegen Notenbank-Geld eingelöst werden. Die Unternehmen sind kreditfähig, d.h., in der Lage, sich zu verschulden. Die gesamte Geldmenge kann durch die Verpfändung des Eigenkapitals vergrößert werden. Die mit dem Eigenkapital erworbenen Anlagen dienen als Sicherstellung des Kredites.
Ein ‘guter Handelswechsel’ ist eine Forderung, die von einer Geschäftsbank gegen Buchgeld eingelöst wird, den diese aber auch von der Notenbank mit Notenbankgeld refinanzieren lassen kann. So wird zuerst Buchgeld, und, falls die Geschäftsbank Notenbankgeld benötigt, dieses durch einen Notenbankkredit geschöpft. Bei Präsentation des Wechsels durch die Notenbank bei der Geschäftsbank des Wechselgläubigers wird dann Notenbankgeld wieder ‘vernichtet’. D.h., die Banknoten werden wieder zu ‘streng verrechneten Drucksorten’, verlieren also ihre Geldeigenschaft. Um keinen Einbruch in der Geldmenge zu verursachen, muss über andere Wechsel - d.h. neue Verschuldung - Geld wieder neu geschöpft werden. Ähnlich wird Buchgeld vernichtet, indem in den Geschäftsbanken beide Seiten der Bilanz gekürzt werden.
2.09.
Da die Notenbank keine Einlagengeschäfte betreibt, kann sie zwangsläufig ihre Kredite nicht aus Geldeinlagen heraus geben. Sie kann sie - so gesehen - nur aus dem ‘Nichts’ schöpfen. Ebenso können das die Geschäftsbanken tun. Dies bildet sich so auch in deren Bilanzen ab: Der aushaftenden Kreditsumme auf der Passivseite steht die Forderungen gegen den Kreditnehmer als Aktiva auf der Vermögensseite gegenüber - und nicht eine Einlage eines Sparers.
‘Nichts’ heißt dabei aber nur, dass hinter dem Geldkredit keine gleich hohe Geldersparnis steht. Es muss aber hinter dem Kredit bereits vorhandenes Eigentum als Sicherstellung stehen. Dieses ist auch die Sicherstellung der Forderung gegen die Bank, die auf der Passivseite eingetragen ist, während die Spareinlage selbst auf der Habenseite steht.
2.10.
Mit der Bezahlung in Geld ist für den Verkäufer einer Ressource insoweit ein positives Ergebnis vorweggenommen, als er nicht auf das in Fertigung begriffene Produkt und dessen Verkaufserfolg warten muss. Mit dem erlösten Geld kann er sofort auf das Eigentum anderer zugreifen. Dieser sein Zugriff muss aber in Zukunft durch die Hervorbringung eines verkaufsfähigen Produktes aus der noch laufende Produktion ausgeglichen werden. Ob dies aber tatsächlich gelingt, ist nun allein das Risiko des Unternehmens bzw. dessen Eigentümer.
2.11.
Kredite werden bei den Banken als Forderungen verbucht, die mit bereits vorhandenem Vermögen (Eigentum) des Kreditnehmers (Schuldners) besichert sein müssen, um die Vorwegnahme des Zugriffs auf das Eigentum anderer auch dann nachträglich erfüllen zu können, wenn Produktion und/oder Verkauf misslingen. Die Erfüllung erfolgt dann zum Ausgleich mit dem Erlös des verpfändeten Eigentum.
Es mag der Eindruck entstehen, dass für den Unternehmer ganz am Anfang Geld und nicht Eigentum erforderlich ist. Dies täuscht aber insofern, als eben Geld zum Erwerb jenes Eigentums erforderlich ist, das dann gegen Kredite verpfändet werden kann. Das Haben von Geld als Voraussetzung gilt so für einen fortgeschrittenen Entwicklungszustand, nicht aber für den Take-off.
2.12.
Für die Entstehung von Geld in Form von Kreditgeld ist Eigentum die ursprüngliche Voraussetzung. Dieses Eigentum entsteht durch einen Rechtsakt, maßgeblich in Form des Bodeneigentums. Die Hypothek, die Verpfändbarkeit von Bodeneigentum, steht daher am Anfang der Entwicklung der modernen Kreditgeldwirtschaft.
2.13.
Die Höhe der volkswirtschaftlichen Kreditsumme ist nicht durch die Summe der Spareinlagen begrenzt, sondern nur durch die Höhe des haftungsfähigen Eigentums. Die Aktieninhaber haften als Vermögenseigentümer kollektiv mit ihrem Eigentum (Eigenkapital). Durch zusätzliche Aufnahme von Krediten, d.h. durch zusätzliche Verschuldung und damit zusätzliche Geldschöpfung, wird diese Haftungssumme vergrößert.
Die Vermögenseigentümer haften mit ihren Eigenkapital für das Fremdkapital, indem sich ihre Vermögensansprüche als Restposten aus der Bilanzsumme abzüglich der Fremdkapitalforderungen ergeben. Dies wird dann schlagend, wenn das Vermögen auf der rechten Seite wertberichtigt werden muss und sich so die Bilanzsumme verkleinert. Wird zusätzliches Fremdkapital aufgenommen, wird mit der zusätzlichen Geldmenge die Haftungssumme größer, der Restposten als Anspruch des Eigenkapitals im Falle des Falles kleiner
B. Systemische Prozesse
3. Geld und ökonomische Dynamik
3.01.
Die Höhe der Geldmenge, bestehend aus Notenbank- und Buchgeld, hängt von der Verschuldungsbereitschaft der Vermögenseigentümer und des Staates ab.
.
3.02.
Zusätzliches Geld wird makroökonomisch von den Unternehmen ausgegeben, wenn diese über die Finanzierung der bisherigen Produktion von Konsumgütern hinaus noch Ausgaben für (Netto-) Investitionen tätigen. Damit aber steigt das Volkseinkommen und die effektive Nachfrage. Jetzt können die bereits am Markt befindlichen Produkte mit Preisen verkauft werden, die höher sind als deren Produktionskosten in der Vorperiode. Ein positiver gesamtvolkswirtschaftlicher Saldo der Gewinne und Verluste wird damit möglich.
Für die laufende Produktion von Konsumgütern schlagen die Lohn- , Material- und Betriebsmittelkosten sowie die Abschreibungen der zeitlich zurückliegenden Investitionen zu Buche. Mit den Abschreibungen werden die Ersatzinvestitionen getätigt, die zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes dienen. Netto-Investitionen sind darüber hinausgehende Investitionen. Dazu zählen auch die Neuentwicklungen von arbeits-, material- und energiesparenden Produktionen und Produkten. Diese Netto-Investitionen sind die eigentlichen Investitionen, für die zusätzliches Geld ausgegeben werden muss, das gesamtvolkswirtschaftlich bislang nicht vorhanden war.
3.03.
Weil durch den Gewinnaufschlag die Preise der am Markt angebotenen Konsumgüter höher sind als deren Kosten, können die in der Konsumgüter-Produktion Beschäftigten ihr ganzes Produkt nicht selbst kaufen. Zwangsläufig bleibt damit ein Teil übrig, den die in der Investitionsgüterindustrie Beschäftigten mit ihrem Einkommen kaufen. Dieses Einkommen stammt aus der Neuschöpfung von Geld. Bewirkt wird dadurch ein von den Arbeitern nicht wahrgenommenes Zwangssparen, das den gewaltigen Fortschritt des Geldwirtschaft mit hervorgebracht hat.
Für die Netto-Investitionen sind zusätzliche Arbeitskräfte zu beschäftigen und zu entlohnen, die aber mit ihrem zusätzlich geschaffenen Geldeinkommen nur auf das Produkt der in der Konsumgüterfertigung Beschäftigten zurückgreifen können. Da damit aber die effektive monetäre Nachfrage steigt, können die Konsumgüter zu höheren Preisen verkauft werden, als sie deren Erzeugungskosten entsprechen.
3.04.
Diese List fällt nur solange nicht auf, wie die solcherart zusätzlich aus der Subsistenzwirtschaft in die Erwerbswirtschaft hineingenommenen Arbeiter so produktiv eingesetzt werden, dass der technische Fortschritt und die damit steigende Produktivität der Arbeitskraft dieses Zwangssparen zeitverzögert immer wieder überkompensiert.
Das so bedingte Zwangssparen in der gegenwärtigen Periode wird kompensiert bis überkompensiert durch die gestiegene Produktivität der in der vergangenen Periode durchgeführten Netto-Investitionen. Diese Zeitverschiebung kann aber nicht wahrgenommen werden.
3.05.
Die Neuschöpfung von Geld muss kontrolliert erfolgen, um so eine höhere Produktivität und gerade nicht eine inflationäre Verdünnung der Kaufkraft des Geldes zu bewirken. Die Kontrolle erfolgt durch die Notenbank über den Notenbankzinssatz (Diskont) und den Mindestreservesatz.
Der Mindestreservesatz, das ist das Verhältnis der gehaltenen Notenbankgeldmenge (Bargeldmenge) zu den vergebenen Krediten, begrenzt die Buchgeldschöpfung der Geschäftsbanken. Die Geschäftsbank erhält dieses Bargeld entweder von der Notenbank oder vom Bankenpublikum. Im Wettbewerb um dieses Publikum werden die Sparzinsen vom Notenbankzinssatz (unter Einrechnung von Nebenspesen) limitiert, da es für die Geschäftsbank sonst billiger ist, sich bei der Notenbank zu refinanzieren. Dabei geht es auch darum, das Bankenpublikum möglichst vom Halten bzw. Verwenden von Bargeld durch immer neue technische Innovationen (bargeldloser Zahlungsverkehr, Kreditkarten,...) abzuhalten. Letztlich wird aber die gesamte Geldmenge von der Verschuldungsbereitschaft, insbesondere der Unternehmen, abhängen.
3.06.
Der Zins zwingt zu Wachstum, weil damit eine Auslese unter den Investitionen zugunsten jener bewirkt werden soll, welche die besten Produktivitätsergebnisse erzielen. Dieser Zins kann aber nur solange bezahlt werden, wie ein Überschuss der Einnahmen über den Ausgaben aller Unternehmen zusammen erzielt wird.
Zinsen und auch Gewinnsteuern können nur dann bezahlt und Netto-Gewinne nur dann verbucht werden, wenn ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben in Form des Brutto-brutto-Gewinnes erzielt wird.
4. Wettbewerb und Wachstum
4.01.
In einer Wettbewerbswirtschaft fließen die Ausgaben (Kosten) der einzelnen Unternehmen nicht komplementär in Form von Einnahmen dorthin wieder zurück. Dies führt in einer stationären Wirtschaft, also einer ohne Wachstum durch Netto-Investitionen, zwangsläufig dazu, dass das, was die einen an Mehreinnahmen gegenüber den Gesamtkosten erzielen, bei den anderen zu in Summe gleich hohen Mindereinnahmen zu Buche schlagen muss.
Gesamtvolkswirtschaftlich ist dann die Summe der Gewinne gleich der Summe der Verluste. In diesem Nullsummenspiel würde ein sehr großer Teil (die ‘Hälfte’) der Unternehmen in die Verlustzone geraten und müsste mittelfristig aus dem Wirtschaftsprozess ausscheiden.
4.02.
Damit die Wirtschaft ausreichend stabil ist, müssen schon unter den (theoretischen) Bedingungen einer zinslosen Geldwirtschaft die gesamtvolkswirtschaftlich Gewinne ungleich höher sein als die Verluste. Dieser makroökonomischen positive Saldo der Gewinne und Verluste (positiver Gewinnsaldo) aber verlangt insgesamt höhere Erträge als Aufwendungen.
Instabil wird die Wirtschaft dann, wenn allzu viele Unternehmen in die Verlustzone geraten und früher oder später bankrottieren, weil sie ihre Darlehen nicht mehr tilgen können, bzw. ihre Eigenmittel immer mehr verlieren. Diese Dynamik wird immer schlagender, je mehr der gesamtvolkswirtschaftliche Gewinnsaldo gegen Null geht.
4.03.
In einer stationäre Wirtschaft, in der immer wieder die gleichen Produkte in gleicher Stückzahl produziert werden, führt der Wettbewerb zu sinkenden Stückkosten und in der Folge zu einer Schrumpfung des monetären Volkseinkommens. Sinkt jedoch das monetäre Volkseinkommen gegenüber der Vorperiode, können die in der Vorperiode noch zu höheren Stückkosten erzeugten Produkte heute nicht einmal mehr kostendeckend verkauft und damit nicht einmal die makroökonomisch aushaftenden Schulden getilgt werden. (siehe dazu 3.02)
Zum Ausgleich braucht es deshalb eines ausreichend hohen Wachstums durch Netto-Investitionen. Die schrumpfenden Stückkosten aus den wettbewerbsbedingten Rationalisierungen müssen durch das Wachstum der produzierten und verkauften Stückzahlen nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert werden.
.
4.04.
Ein Gutteil des einzelunternehmerischen Gewinnes stammt nicht aus dem Wettbewerb der Unternehmer untereinander, sondern aus dem gemeinsamen Wachstum der Wirtschaft. Diese Alimentierung des Gewinnes aus dem Wachstum mildert den Wettbewerbsdruck.
In diesem Fall geht es nur mehr um die Höhe der Gewinne, nicht mehr aber so sehr um die Frage, ob Gewinn oder Verlust. Damit geht es auch nicht so heiß um die Frage des wirtschaftlichen Überlebens.
4.05.
Bei sinkendem Wachstum wird die Alimentierung des Gewinnes immer geringer und die Bedeutung des Wettbewerbs immer größer. Damit aber erzwingen die Gewinne bei den einen in Summe immer mehr gleich hohe Verlust bei anderen. Der Wettkampf um das Überleben wird härter, das Anlegen von strategischen Reserven für Notzeiten immer bedeutsamer.
Hier findet sich vielleicht die entscheidende Ursache für die Entwicklung hin zum Neoliberalismus. Dieser ist demnach zwangsläufig in der Entwicklung der Geldwirtschaft - des Kapitalismus - angelegt und nicht so sehr eine neue Böswilligkeit der Kapitalisten.
4.06.
Unternehmen in Form von Kapitalgesellschaften, die in die Verlustzone oder in deren Nähe geraten, werden einen Verfall ihrer Aktienkurse hinnehmen müssen, der in der Folge einen selbstreferentiellen Abstoßprozess dieser Papiere initiiert, bei dem die Kurse immer weiter verfallen. Dagegen werden die Aktien jener Gesellschaften, die noch gute Gewinne einfahren, durch einen selbstreferentiellen Kaufprozess immer weiter im Kurs steigen.
4.07.
Die erfolgreichen Unternehmen werden die günstige Gelegenheit ergreifen, die Aktienmehrheit der Unternehmen mit verfallenden Kursen diskret zu erwerben, um so Mitbewerber auszuschalten und die eigene Position zu stärken. Ein Anstieg der Aktien des Übernehmers als auch des Übernommenen ist in Folge des Konzentrations- und Konsolidierungsprozesses zu erwarten.
4.08.
Im Marktwert des Eigenkapitals, dem Shareholder-value, manifestiert sich die Position des jeweiligen Unternehmens in diesem Überlebenskampf. Hierfür gilt es, sich möglichst fit zu machen.
C. Historische Prozesse
5. Die Wachstumsphase: Das Vordringen der Erwerbsarbeit
5.01.
Noch um 1700 sind rd. 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Damit leben sie in einer nahezu autarken Ökonomie, einer ‘Land- und Hauswirtschaft’, wo am Acker die Rohprodukte hervorgebracht und diese im Haus veredelt werden. Hier wird nahezu alles Lebensnotwendige mit eigenen Arbeitskräften und aus eigenen Ressourcen - vor allem Grund und Boden - selbst erzeugt. Nur Überschüsse werden gegen andere Überschüsse anderer Hauswirtschaften getauscht. Geld wird nur als Tauschhilfsmittel gebraucht.
Auf Ressourcen im Besitz anderer wird nur selten zurückgegriffen, d.h., es wird kaum etwas investiert, das nicht aus eigenen Quellen stammt. Damit stellt sich auch nicht die Frage der Vorfinanzierung, wie sie heute notwendig ist.
5.02.
Mit der Einführung des Eigentums an Grund und Boden in der Folge der französischen Revolution und der damit nun gegebenen Verschuldbarkeit der Bauern treten in der landwirtschaftlichen Produktion große Veränderungen ein. Gutsbesitzer und Bauern können nun Investitionen durchführen, bei denen auf das Eigentum Dritter zurückgegriffen wird. Damit beginnt die Geschichte der Auslagerung der vertiefenden Wertschöpfung aus der Landwirtschaft.
Als eine der ersten wird die bislang in den Bauernstuben zur Winterszeit betriebene Spinnerei und Weberei in die Wollmanufakturen verlagert, die zu den ersten industriellen Betrieben werden.
5.03.
Diese ‘Land- und Hauswirtschaft’ teilt sich in den folgenden Jahrhunderten immer mehr in eine reine Landbewirtschaftung mit vorgeschalteter Vorleistungs- und nachgelagerter Verarbeitungsindustrie einerseits und eine immer weiter schrumpfende Hauswirtschaft andererseits. Die ursprüngliche Subsistenzproduktion in der (bäuerlichen) Hauswirtschaft verkommt damit immer mehr zum ‘Mikrowellen-Haushalt’ und zum Absatzgebiet der ‘Fertiggerichte-Industrie’, während die Landwirtschaft sich zu einer Rohstoffproduktion reduziert, die immer mehr in die Abhängigkeit von einer immer weiter sich ausdehnenden Geräte- Maschinen- und Betriebsmittelindustrie einerseits und der Lebensmittelindustrie andererseits gerät.
Bringt der Bauer ursprünglich nahezu alles, was er brauchte, das Saatgut, den Dünger, die Zugkraft der Tiere, das Baumaterial des Hauses, die Arbeitskraft der Menschen, selbst hervor, hängt er heute immer mehr von der Saatgut-, Dünger-, Treibstoff- und Maschinenindustrie ab und beliefert immer mehr nur die verarbeitende Industrie. Und die Hauswirtschaft, in der das verarbeitet und veredelt wird, was Feld und Stall liefert, reduziert sich immer mehr auf das Einschalten der Mikrowelle im Resthaushalt.
5.04.
Ähnliches passiert in den anderen Bereichen des Lebensnotwendigen: Bei der Bekleidung, bei der Herstellung von Baumaterialien. Immer mehr wird das, was früher selbst in Eigenarbeit erzeugt worden ist, zum Industrieerzeugnis. All diese industriellen Fertigungen sind aber mit Investitionen verbunden, d.h. mit Krediten und mit Kreditgeld. Die auf Kreditgeld beruhende Geldwirtschaft wird also immer breiter, während der bislang noch in vielfältiger Weise vorhandene Subsistenzsektor in seiner Tiefe immer mehr schrumpft. Immer mehr werden mit Geld nur mehr Industrieerzeugnisse gekauft.
Vormals leben in einem Bürgerhaushalt nicht nur Frau und Kinder von dem einen Erwerbseinkommen des Mannes, sondern auch noch das Hauspersonal, Zugehfrauen, Träger und Boten usw. Das Geld des Hausherrn fließt also noch über mehrere Kaskaden, ehe es wieder zum Ankauf eines Produktes aus der Industrie verwendet wird. Mit fortschreitender Industrialisierung wandert auch das Hauspersonal immer in die Industrie ab und bezieht nun selbst ein Erwerbseinkommen. Der Strom des Erwerbseinkommens wird so immer breiter, während die Kaskaden, über die es in die Industrie zurückfließt, immer weniger werden. Wenn letztlich alles industrialisiert ist, fließt das Geld unmittelbar über Industrieprodukte wieder in den Industriesektor zurück.
5.05.
Solange die Konsumgüterindustrie sich in den noch vorhandenen Subsistenzsektor hinein mit industriellen Produkten genügend ausbreiten, sowie darüberhinausgehend genügend neue Konsum-Bedürfnisse entwickeln kann und sich dabei Möglichkeiten für Erweiterungsinvestitionen finden, wird in der Wettbewerbswirtschaft eine positiver Gewinnsaldo gesichert sein.
Industrielle Produkte sind dadurch gekennzeichnet, dass die stetig wachsenden Lohnkosten auf eine wachsende Produkt-Stückzahl aufgeteilt werden, so dass die Lohnstückkosten sogar sinken können. Da dies bei der reinen persönlichen Dienstleistung - wo also kaum Investitionen in Einrichtungen Voraussetzung sind - nicht möglich ist, wird sich diese auch nicht als vorfinanziertes Industrieprodukt behaupten können.
5.06.
Die positive Gewinnsituation in den industriellen Kernbereichen ist andererseits Voraussetzung, dass sich diese noch weiter ausdehnt und die Rationalisierungsinvestitionen noch einigermaßen durch Erweiterungsinvestitionen ergänzt werden. Nur unter diesen Voraussetzungen ist die Entwicklung der Erwerbsarbeitsplätze eine solche, dass ‘Vollbeschäftigung bei laufender Arbeitszeitverkürzung’ erzielt werden kann.
5.07.
Im Gegensatz zur Ansicht, dass sinkende Lohneinkommen zu steigenden Gewinnen führen, sollte aus obigem deutlich werden, dass zurückgehende Netto-Investitionen und damit steigender Wettbewerb nicht nur zu einem Druck auf das gesamte Lohneinkommen, sondern auch zu einem Druck auf den Gewinnsaldo und die allgemeine Gewinnsituation führt und damit die Investitionstätigkeit weiter negativ beeinflusst.
6. Die Schrumpfungsphase: Von der Erwerbsarbeit zurück zur Taglöhnerei
6.01.
Mit sinkender Nachfrage nach Konsumgütern aus dem industriellen Kernbereich können die einzelnen Unternehmen die hohen Kosten der Rationalisierungsinvestitionen immer weniger durch gleichzeitige Steigerung der abgesetzten Stückzahlen (Fixkostendegression) verdienen. Der Sinn des Wettbewerbes, nämlich die Reduzierung der Stückkosten, kann nicht mehr erfüllt werden.
6.02.
Damit kommt es zu einer neuen Dynamik, die gekennzeichnet ist durch eine Wende weg von der ‘All-Winer -Situation’ hin zur ‘Winer-Looser-Situation’. Gewinne sind immer mehr nur durch relative Kostensenkung des einzelnen Unternehmens im Vergleich zu den anderen erzielbar. Die Wirtschaft nähert sich so immer mehr einem Nullsummenspiel.
Gewinne werden immer weniger durch die Ausgaben für Netto-Investitionen alimentiert. Gewinne sind nur mehr dann erzielbar, wenn unter sonst gleichbleibenden Umständen die eigene Produktion mit geringeren Kosten möglich ist.
6.03.
Zwischen den einzelnen Unternehmen tritt ein Wettbewerb im Sparen ein, der dadurch gekennzeichnet ist, dass neben den Rationalisierungsinvestitionen immer mehr Rationalisierungen ohne Investitionen durch Ausschöpfung organisatorischer Reserven zum Tragen kommen: Lean management, lean production.
In diese Kerbe schlagen nicht nur Betriebsorganisations-Berater, sondern auch Vertreter des nachhaltigen Wirtschaftens, die eine effizientere Verwendung von materiellen Ressourcen vorschlagen. Davon ist natürlich die vorgelagerte Grundstoffindustrie in ihrem Fixkostenkalkül betroffen: Weniger Umsatz bringt dort höhere Kosten pro Einheit, die anderweitig eingespart werden müssen.
6.04.
Auch bei laufender Arbeitszeitverkürzung wird es damit zu einem laufenden Rückgang der Beschäftigung im industriellen Kernbereich kommen. Dies aber führt zwangsläufig zur Schrumpfung der gesamten (monetären) Wertschöpfung dieses Bereiches.
Bei mangelnden Erweiterungsinvestitionen und auch bei mangelnden Rationalisierungsinvestitionen, aber verstärkten Kosteneinsparungen über die Ausschöpfung organisatorischer Leerläufe, wird das Angebot an Erwerbsarbeitsplätzen zurückgehen. So wird etwa damit argumentiert, dass mit den Kosteneinsparungen zufolge Verwaltungsvereinfachung neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Tatsächlich wird damit aber in Summe das Arbeitsplatzangebot nicht verbessert, sondern verschlechtert. Verbessert wird dadurch nur die Wettbewerbsfähigkeit des einzelnen Unternehmens oder einer Volkswirtschaft am Weltmarkt.
6.05.
Eine der organisatorischen Reserven ist die Auslagerung derzeitiger Angestellten- und Arbeiterbeschäftigungen: Contracting, Outsourcing, Insourcing, .... Entscheidend dabei ist eine Tendenz weg von Fixkosten hin zu variablen Kosten und damit überhaupt zu weniger oder weniger langer Vorfinanzierung der gesamten Produktionskosten. Die Unternehmen können so ihre Verschuldung (Fremdfinanzierung) verringern und damit wieder Kosten sparen.
Die Unternehmen versuchen auf diese Weise von den arbeits- und kollektivvertragsrechtlichen Anforderungen und damit Kostenbelastungen wegzukommen, bzw. überhaupt von den Kosten der Vorfinanzierung der Lohnarbeit.
6.06.
Die Beschäftigten sollen ihre Lebenshaltung selbst vorfinanzieren, indem sie auf ihre Ersparnisse zurückgreifen, die sie bislang den Unternehmern geborgt haben, die ihnen dafür Zinsen zahlen müssen. Die Unternehmer sparen sich so die Zinsen und einen Teil des Risikos.
6.07.
Der laufende Rückgang der Beschäftigung in den Kernbereichen führt zu neuen Beschäftigungsformen, die positiv gewendet als die ‘neue Selbständigkeit’ firmieren, negativ gewendet aber als ‘prekäre Arbeitsverhältnisse’ gelten. Sie sind vielfach von neuen Konsummustern der noch in den Kernbereichen Beschäftigten abhängig, diesen also gewissermaßen als Dienstleister nachgelagert. Eine Entwicklung in Richtung einer Rückkehr zur Taglöhnerei scheint angesagt.
Von Gewerkschaftsseite wird neuerdings die ‘Reparaturgesellschaft’ propagiert. Sollte dieses Modell erfolgreich sein, ist es als Konkurrent zur industriellen Massenproduktion zu sehen. Da sie als solcher deren Wettbewerbsfähigkeit verringert, beschleunigt es dort den Schrumpfungsprozess und damit die Freisetzung von Arbeitskräften im Kernbereich - den formellen Arbeitsverhältnissen..
6.08.
Schrumpft der industrielle Kernbereich zugunsten der Reparatur- und Dienstleistungsgesellschaft, wird der von der Industrie ausgehende Geldstrom schmäler, fließt aber über mehr Kaskaden, ehe er wieder zur Industrie zurückkehrt. Der ursprüngliche Prozess, der in Richtung einer ständigen Verbreiterung des Geldstrom und gleichzeitiger Verkürzung des Kreislaufes wirkt, hat sich damit umgedreht. Die Dynamik läuft nun in Richtung ständiger Verschmälerung bei gleichzeitiger Verlängerung des Kreislaufes. Damit werden die Arbeitsplätze in den industriellen Kernbereichen nachhaltig weiter sinken.
Die Längerlebigkeit und die Reparatur von Geräten für den Haushalt, Büros, dem Verkehr, der Freizeitgestaltung, der Fertigung ..... wird die Absatzmöglichkeiten der Industrie drücken. Diese wird deshalb auch hinsichtlich ihres Arbeitplatzangebotes schrumpfen und laufend immer weniger Geld für Lohnarbeit ausgeben. Der in der Industrie Beschäftigte wird sich allerdings nun etwa keine neue Waschmaschine kaufen, sondern die alte reparieren lassen. Der Reparatur wird so von den Industriearbeitern ein Einkommen beziehen, von diesem wieder der Heilmasseur, von diesem das Seminar für neue Heilmethoden, usw. Nur in Teilen wird mit dem jeweiligen Einkommen wieder eine Industrieware gekauft. So läuft das ursprünglich von der Industrie ausgegebene Geld in einer sich verjüngenden Breite über immer mehr Kaskaden, ehe es ganz zur Industrie zurückkehrt.
6.09.
Wenn die Arbeit steuerlich wirkungsvoll entlastet und durch eine Besteuerung des Energie- und Stoffstroms ersetzt werden soll, muss es bei der Entwicklung hin zur Dienstleistungsgesellschaft mit einem deutlich verringerten Durchsatz dieses Stromes zu einer bedeutenden Rückgang des Steueraufkommens kommen.
Der Anteil der Steuern auf den Energie- und Stoffstrom liegt derzeit unter 10% des gesamten Steueraufkommens. Geht man von einem Faktor 4 für die Reduzierung des Energie- und Stoffstroms aus, wie ihn E.U. v. Weizsäcker propagiert, kommt man bei einem vollkommenen Ersatz der Besteuerung der Arbeit durch eine Ressourcensteuer auf einen Steuerfaktor 50.
6.10.
Der Industriebereich gerät in eine nachhaltige Schrumpfungsspirale. Werden in der Wachstumsphase durch die Verbreiterung des Geldstromes Gewinn nahezu für alle Unternehmen möglich, so dreht sich dies durch die Verschmälerung des Geldstromes in der Schrumpfungsphase ins Gegenteil um. Da immer öfter Verluste eingefahren werden, wird immer mehr bei allen gespart und dadurch die auf der Geldökonomie aufbauende Gesamtwirtschaft immer instabiler.
Laut Aussendung des Hauptverband der Sozialversicherungsträger stieg 1996/97 das Bruttoeinkommen der Arbeitnehmer nur mehr um 0,8 Prozent. ” In den Hochlohnbranchen Industrie und Energiewirtschaft gehen Arbeitsplätze verloren, im Dienstleistungsbereich, wo die Durchschnittseinkommen um 20 Prozent niedriger als in der Industrie und im produzierenden Gewerbe sind, werden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.” (OÖN vom 21.08.98)
7. Sicherung des gebundenen Eigentums
7.01.
Die Wachstumsphase der Realinvestitionen ist durch ein freundliches Klima für das Riskieren von Eigenkapital durch die weitere Aufnahme von Fremdmittel für die Erweiterung und Diversifikation gekennzeichnet. Weitgehend ungesättigte Märkte lassen den Ausgang dieses Abenteuers in der Zukunft vorherrschend positiv erscheinen: Alles, was erzeugt wird, lässt sich problemlos verkaufen.
7.02.
Weitgehend gesättigte Märkte vermitteln dagegen immer stärker den Eindruck eines negativen Ausgangs. Der Verkauf wird immer schwieriger. Immer weniger Fremdmittel werden freiwillig aufgenommen. Große Investitionen stoßen zudem immer mehr an natürliche, vor allem aber an politische Grenzen. Das Wachstum sinkt bzw. stagniert.
Wenn Unternehmer den Eindruck gewinnen, dass sie ihre Investitionen nicht mehr abschreiben können, unterbleiben diese. Zudem wird es immer schwieriger, größere Investitionen umzusetzen. Politisch-juristische Grenzen machen sich nicht nur im Widerstand von Bürgern gegen Unternehmensneugründungen und -erweiterungen, sondern auch in der langen Verfahrensdauer bemerkbar. Investoren werden von der Realisierung von Projektes abgehalten, wenn die Verfahrensdauer den Lebenszyklus eines Neuproduktes übertrifft.
7.03.
Der Rückgang der Netto-Investitionen bedeutet einen Rückgang des Geldmengenwachstums, aus dem heraus die Gewinne alimentiert werden. Mit dem Rückgang an Realinvestitionen geht es immer weniger um die Schaffung von neuem gebundenen Eigentum in Form von Realvermögen, sondern immer mehr um die Sicherung des bereits investierten und daher nichtliquiden Eigentums.
7.04.
Das Eigentum an Kapitalgesellschaften besteht aus ‘Verträgen auf Erfüllung in Zukunft’, die nur durch Verkauf liquidisierbar sind, also eines Dritten als Käufer bedürfen. Um sicherzustellen, dass es diese Käufer immer gibt, bedarf es einer entsprechenden Kurspflege. Self-fullfilling-prophecy ist dabei mit eine entscheidende Ursache für ständig steigende Kurse. Bei einem tektonischen Vertrauenseinbruch kann diese Tendenz jedoch in das Gegenteil umschlagen.
7.05.
Geld aus dem Cash-flow, aber auch aus Kreditaufnahmen, das für den Ankauf anderer, aber artverwandter Unternehmen aufgewendet wird, ist als eine Investition in die Sicherung von Märkten und Marken zu sehen. Dahinter steht die Hoffnung, dass die Abschreibung dieser Investitionen durch die Reduzierung des Wettbewerbsdruckes und Ausdehnung des Absatzes gelingt und damit ein Anstieg der Aktienkurse induziert wird.
Investitionen in Aktien artverwandter Unternehmen haben gewissermaßen einen ‘zweifachen Ausgang’. Ist das eigene Unternehmen erfolgreich, hat man mit den Aktien des anderen bereits eine Basis für eine Übernahme und damit Beseitigung eines lästigen Konkurrenten geschaffen. Ist es aber umgekehrt, gibt es in der Form eine Art Quersubvention in Form von Dividenden oder die Lukrierung von Verkaufsgewinnen bei gestiegenen Kursen.
7.06.
Kapitalgesellschaften können Aktien anderer Kapitalgesellschaften erwerben. Diese dürfen auf der linken Seite der Unternehmensbilanz neben dem Anlagevermögen und Geldmögen (Bargeld und Geldforderungen) als Finanzvermögen nur in Höhe des Ankaufswertes eingetragen werden. Weiterhin steigende Kurse der Aktien machen aber die Realisierung eines Gewinnes aus deren Verkauf möglich. Damit kann der Ertrag aus dem operativen Geschäft (EGT) abgesichert werden.
In der reinsten Form stellt sich diese Strategie in jenen Kapitalgesellschaften dar, die sich mit Finanzdienstleistungen beschäftigen. Das Vermögen von Investment- und Pensionsfonds besteht nahezu ausschließlich aus solchem Finanzvermögen. Die wechselseitige Absicherung durch Streuung des Wertpapiereigentums erfolgt hier professionell. Dabei können kapitalkräftige Gesellschaften den Kurs einzelner Papiere sogar noch beeinflussen.
7.07.
Finanzinvestitionen unterscheiden sich von Realinvestitionen im wesentlichen dadurch, dass Geld nicht in Unternehmensneugründungen und Unternehmenserweiterungen investiert wird, sondern in Konzentrationsprozesse. Finanzinvestitionen führen so nicht zur Emission von neuen, sondern nur zu einer Ausweitung des Handels mit bereits vorhandenen Aktien.
Nur bei Unternehmensneugründungen und -erweiterungen gibt es auch neue Arbeitsplätze. Bei Konsolidierungen und Konzentrationen tritt eher das Gegenteil ein.
7.08.
Das Schrumpfen des industriellen Kernbereiches und damit des bewertbaren Realvermögens führt dazu, dass dieses als Gewinngenerator immer wertvoller wird, was sich in steigenden Aktienkursen ausdrückt.
7.09.
Die Ausgaben für die so getätigten Finanzinvestitionen erreichen kaum die vermögenslosen Haushalte. Sie fließen aber zum Gutteil in die Taschen der vermögenden Haushalte. Das eingenommene und vermehrte Geld wird von diesen vielfach wieder zum Ankauf anderer Wertpapiere verwendet. Dem Wertpapiervermögen der Kapitalgesellschaften tritt damit ein breit gestreutes Wertpapiereigentum des gesellschaftlichen Mittelstandes in Form von Investment- und Pensionsfonds gegenüber.
7.10.
Diese breite Streuung des Wertpapiereigentums aber führt auch dazu, dass Geld wieder in den realen Sektor zurückfließt. Dies tritt nicht nur ein, wenn Unternehmen liquide Mittel benötigen, sondern insbesondere dann, wenn die Kleinanleger ihr Vermögen etwa als Alterspension zu verbrauchen beginnen.
8. Die Verwandlung von Geldvermögen in Finanzvermögen
8.01.
Das Ausmaß der Geldmengen, die auf den Finanzmärkten herumschwappen, wird deutlich überschätzt und mit den Umsatzvolumina gleichgesetzt. Diese sehr hohen Umsatzvolumina in der Zeiteinheit ergeben sich aus der hohen Umsatzhäufigkeit der Wertpapiere. Die für die Transaktionen benötigte Geldmenge ist jedoch um Potenzen geringer.
8.02.
Im Gegensatz zur Warensphäre, wo im Regelfall stets das ganze Warenlager verkauft wird und werden muss, weil es zum Verkauf bestimmt ist, wird in der Wertpapiersphäre im Regelfall immer nur ein kleiner Teil des Wertpapierbestandes zum Verkauf angeboten, während der größte Teil gehalten wird.
8.03.
Das Ausmaß der hinter dem Börsenhandel stehenden Gesamtgeldmengen ist sehr viel kleiner als die Summe der Aktien multipliziert mit deren Tageskursen. Der Kurs ergibt sich jeweils aus dem Verhältnis vom Angebot einer marginalen Menge einer bestimmten Aktie zur Nachfrage danach. Für den Kauf der marginalen Menge wird somit nur eine relativ kleinen Geldmenge benötigt, während der große Rest der Wertpapiere den Eigentümer nicht wechselt, somit Geld hier überhaupt nicht eingesetzt wird.
8.04.
Das Finanzvermögen wird jedoch als die Summe der Aktien und anderer Wertpapiere multipliziert mit deren jeweiligen Tageskursen ermittelt. Würden jedoch sämtliche Aktien und Wertpapiere auf einmal angeboten, müsste deren Kurs gegen Null abstürzen , weil bei weitem nicht soviel Geld vorhanden ist, um alle Aktien und Wertpapiere auch nur annähernd zum Tageskurs kaufen zu können.
8.05.
Das Geldvermögen der einkommensstarken Privathaushalte und der Unternehmen wird bei steigenden Aktienkurse zum Ankauf von Aktien verwendet, die im Eigentum anderer Haushalte oder Unternehmen sind, was deren Kurs weiter hinauftreibt. Das so in Umlauf gesetzte Geld fließt so von Haushalten und/oder Unternehmen in andere Haushalte und/oder Unternehmen.
8.06.
Das Geld fließt in Unternehmen zurück, wenn sich Kapitalgesellschaften in der Folge eines Rückkaufes ihrer gesamten Aktien im Streubesitz zu einer Neuemission zu einem Kurs nahe dem Ankaufkurs entschließen. Damit erfolgt eine Aufstockung des Eigenkapitals, womit eine Reduzierung der Fremdmittel möglich wird, während die Privathaushalte ihr Geldvermögen in Finanzvermögen verwandeln.
Diesen Weg geht etwa die Bauholding mit dem Rückkauf der Strabag-Aktien. Die Haushalte, die bisher ihr Geldvermögen in Form von Sparbüchern, festverzinslichen Papieren u.ä.m. gehalten haben, werden mit dem Ankauf der Neuemission zu Unternehmens-Beteiligten mit allen Gewinnen und Risken. Das Unternehmen kassiert dabei Cash in Höhe des Wertes des Neuverkaufs abzüglich dem Mittelwert des Rückkaufs. Die Unternehmen holen so das Geld zurück, das sie ursprünglich durch ihre Kreditaufnahme (Verschuldung) geschaffen haben und mit dem in Privathaushalten Geldvermögen in Form von Ersparnissen gebildet wurde.
8.07.
Setzt sich dies als allgemeine Vorgehensweise durch, erfolgt makroökonomisch durch die Reduzierung der von den Unternehmen benötigten Fremdmittel eine Reduzierung der aushaftenden Kredite. Damit wird dann auch die Geldmenge verkleinert, da Forderungen auf Geld in ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ verwandelt werden. Eine Tendenz zur Deflation wird damit initiiert.
So wie die ständige Geldausweitung durch Netto-Investitionen eine Tendenz zur Inflation bewirkt, kommt es bei einer realwirtschaftlichen Stagnation bis Schrumpfung zu deflationären Entwicklungen.
8.08.
Das weitere Steigen der Aktienkursen ist jedoch notwendig, um die aus den bereits gestiegenen Aktienkursen herrührenden Gewinne nicht in Geld auszahlen zu müssen und die Wertpapiereigentümer vorherrschend zum Halten der Aktien zu bewegen. Soweit einzelne Wertpapiereigentümer Geld jedoch benötigen, müssen sich andere Geldvermögenseigentümer finden, die Wertpapiere kaufen wollen. Diese tun dies aber nur dann, wenn sie einen weiteren Kursanstieg erwarten können.
8.09.
Bei weiterhin steigendem Aktienindex muss demnach im Netto-Effekt der Zufluss von Geld in den Finanzsektor höher sein als der Abfluss. Dieser Netto-Effekt wird durch den Levelrage-Effekt unterstützt, der bewirkt, dass es auch im Finanzsektor zu Netto-Investitionen kommt.
8.10.
Diese so erhöhte Geldmenge verursacht jedoch keine Inflation auf den Warenmärkte, da sie im wesentlichen im Finanzsektor bleibt und außerdem die Erhöhung relativ klein bleibt. Sie hilft aber, die anderweitig, die Schrumpfung der Geldmenge in der Realwirtschaft zu kompensieren und eine deflationäre Entwicklung auf den Warenmärkten hintan zu halten. Zu einer Inflation auf den Warenmärkten würde es nur dann kommen, wenn in der Folge einer Aktienbaisse Stützungskäufe mit Hilfe der Ingangsetzung der Notenpresse durchgeführt würden.
Die Erhöhung der Geldmenge durch den Leverage-Effekt bleibt deshalb klein, weil ja immer nur ein kleiner Teil der Aktien angeboten und nachgefragt wird. Ein Teil des neugeschöpften Geldes fließt über den eher gehobenen Konsum der Kapitaleinkommensbezieher wieder in den Konsum. Gleichermaßen würde eine Wertpapier-Umsatzsteuer den Konsum insoweit beleben, dass eine deflationäre Entwicklung verhindert oder gebremst werden könnte.
9. Spekulative Finanzmarktgeschäfte
9.01.
Die Entwicklung der Geldwirtschaft unter den Bedingungen der Schrumpfungsphase gibt Gelegenheit, abseits jeder realwirtschaftlichen Beziehung Geschäfte mit dem Kauf und Verkauf von Aktien, also ‘Verträgen auf Erfüllung in Zukunft’, zu machen. Hier kommt dann die allgemeine Formel der Geldwirtschaft am reinsten zum Tragen: ‘Kaufen, um teurer zu verkaufen.’
9.02.
Die Preise auf den Finanzmärkten in Form der Aktienkurse werden heute sehr stark durch die Pensions- und Investmentfonds bestimmt. Durch sie wird die Zahl der bestimmenden Käufer/Verkäufer stark eingeengt und einigermaßen überblickbar. Die Auswirkung der Psychologie auf das Marktgeschehen wird damit kontrollierter, die Auswirkungen tektonischer Brüche gedämpft. Andererseits ist die Zahl der Käufer/Verkäufer aber dennoch so groß, dass ein Fonds allein den Markt nicht beherrschen und damit gezielte Kurspolitik betreiben kann.
9.03.
Das Interesse an der Bestandssicherung der einzelnen Fonds als Unternehmen bestimmt das Verhalten der Fondsmanager sowohl in der Hausse- wie in der Baisse-Situationen.
Wie jedes andere Unternehmen muss auch ein Fonds bemüht sein, nicht nur günstig einzukaufen, sondern auch günstig verkaufen zu können, während die Konkurrenz bemüht ist, diesen Möglichkeiten entgegenzuwirken.
9.04.
Um die notwendigen tagtäglichen Rückzahlungen auch nur an einen kleinen Teil ihrer Anleger leisten zu können, sind Investment- und Pensionsfonds gezwungen, tagtäglich neue Anleger aggressiv aufzutreiben. Diese aber finden sich nur dann, wenn sie weiterhin steigende Kurse, also eine Aktien-Hausse, erwarten können.
9.05.
Der davon ausgehende harte Wettbewerb dieser Fonds untereinander um neue ‘Investoren’ bewirkt den Druck der Fondsmanager auf die Unternehmen, den Shareholder-value zu maximieren.
Die kapitalistischen Familienclans a la Krupp u. a. haben im Gegensatz dazu nicht nur auf den Shareholder-value Wert gelegt, also auf den rein monetären Ertrag, sondern auch auf das Unternehmen und seinen langfristigen Bestand als Ausdruck der Familienmacht und gesellschaftlichen Bedeutung, also den Stakeholder-value.
9.06.
Als die maßgeblichen Käufer bzw. Verkäufer von Aktien sind die Fondsmanager genötigt, in der Baisse mit ihrem Verhalten einen allgemeinen Absturz der Aktienkurse hintan zu halten. Das unkontrollierte Abstoßen von Aktien würde einen Verkaufsrun der eigenen Fondspapiere initiieren, der zwangsläufig in der Zahlungsunfähigkeit der Fonds mündete.
Ernst Dorfner
Die Vorfinanzierung in Geld wird nur deshalb möglich, weil Unternehmen ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form von Aktien gegen Geld an Vermögenseigentümer verkaufen.
Die Vermögenseigentümer werden dadurch zu Kapitalgebern. Sie werden es aber nur solange, wie sie sicher sind, diese Verträge teurer verkaufen zu können, als sie sie gekauft haben.
Die Unternehmen, die so zu Kapitalgesellschaften werden, sind so in der Lage, Forderungen gegen sich selbst auszustellen, die von den Geschäftsbanken und der Notenbank gegen Kredit und damit gegen zusätzliches Geld eingelöst werden. Sie sind also in der Lage, sich zu verschulden. Dabei verpfänden sie das Eigenkapital, bzw. genauer, die mit dem Eigenkapital erworbenen Vermögenswerte als Sicherstellung des Kredites.
Inhalt
A. Systemische Voraussetzungen
0. Lohnarbeit (Erwerbsarbeit) setzt die Geldwirtschaft voraus
Es gibt Lohnarbeit nur solange, wie sich Vermögenseigentümer finden, die bereit sind, Lohnarbeit in Geld vorzufinanzieren.
1. Eigentum und Vermögen - Geldwirtschaft als Vertragswirtschaft
Vermögen äußert sich in der Eigentumsgesellschaft in Forderungen und ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ und nicht so sehr in direktem materiellen Besitz. Diese Verträge können nur dann in Geld verwandelt werden, wenn und solange es dritte Personen gibt, die bereit und fähig sind, diese Verträge gegen Geld anzukaufen. Dem Geld selbst steht eine Forderung (Verschuldung) gegenüber.
2. Eigentum und Geld
Die Vorfinanzierung in Geld wird nur deshalb möglich, weil Unternehmen ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form von Aktien gegen Geld an Geldvermögenseigentümer verkaufen.
B. Systemische Prozesse
3. Geld und ökonomische Dynamik
Da wegen des Gewinnaufschlages die Preise der am Markt angebotenen Konsumgüter höher sind als deren Kosten, können die Beschäftigten in der Konsumgüter-Produktion ihr ganzes Produkt nicht selbst kaufen. Zwangsläufig bleibt davon ein Teil für die zusätzlich in der Investitionsgüterindustrie Beschäftigten übrig, die diesen Rest mit ihrem Einkommen kaufen. Für dieses Einkommen ist zusätzliches Geld erforderlich, dass aus den für Netto-Investitionen aufgenommenen Krediten kommt.
4. Wettbewerb und Wachstum
Ein Gutteil des einzelunternehmerischen Gewinnes stammt nicht aus dem Wettbewerb, sondern aus dem Wachstum der Wirtschaft zufolge Netto-Investitionen. Diese Alimentierung des Gewinnes aus dem Wachstum führt zu einem positiven Gewinnsaldo. Dieser mildert den Wettbewerbsdruck
C. Historische Prozesse
5. Die Wachstumsphase: Das Vordringen der Erwerbsarbeit
Solange die Konsumgüterindustrie in den noch vorhandenen Subsistenzsektor hinein sich ausbreiten und neue Konsumbedürfnisse entwickeln kann und sich dabei Möglichkeiten für Erweiterungsinvestitionen finden, wird eine positiver Gewinnsaldo gesichert sein. Liquides wird in gebundenes Eigentum verwandelt.
6. Die Schrumpfungsphase: Von der Erwerbsarbeit zurück zur Taglöhnerei
Mit sinkender Nachfrage nach Konsumgütern können die einzelnen Unternehmen die hohen Kosten der Rationalisierungsinvestitionen immer weniger durch gleichzeitige Steigerung der abgesetzten Stückzahlen verdienen. Rationalisierungsinvestitionen werden durch ‘Rationalisierungen ohne Investitionen’ abgelöst. Das Angebot an Erwerbsarbeit sinkt kontinuierlich.
7. Sicherung des gebundenen Eigentums
Mit dem Rückgang an Realinvestitionen geht es immer weniger um die Schaffung von neuem gebunden Eigentum in Form von Realvermögen, sondern immer mehr um die Sicherung des bereits investierten und daher nichtliquiden Eigentums.
8. Die Verwandlung von Geldvermögen in Finanzvermögen
Das bei den reichen Haushalten sich bildende Geldvermögen fließt in die Unternehmen zurück, wenn sich diese in der Folge eines Rückkaufes ihrer gesamten Aktien zu einer Neuemission zu einem Kurs nahe dem Ankaufkurs entschließen. Damit erfolgt eine Aufstockung des Eigenkapitals und gegengleich eine Reduzierung der Fremdmittel, während die Privathaushalte ihr Geldvermögen in Finanzvermögen verwandeln.
9. Spekulative Finanzmarktgeschäfte
Als die maßgeblichen Käufer bzw. Verkäufer von Aktien sind die Fondsmanager genötigt, in der Baisse mit ihrem Verhalten einen allgemeinen Absturz der Aktienkurse hintan zu halten. Das unkontrollierte Abstoßen von Aktien würde einen Verkaufsrun der eigenen Fondspapiere initiieren, der zwangsläufig in der Zahlungsunfähigkeit der Fonds mündete.
A. Systemische Voraussetzungen
0. Lohnarbeit (Erwerbsarbeit) setzt die Geldwirtschaft voraus
0.01.
Die Anerkennung der Grund- und Freiheitsrechte ist Kennzeichen der demokratisch verfassten Industriestaaten. Zu diesen Grundrechten gehört auch der Schutz des Eigentums. Die Freiheitsrechte, die jedem Menschen von Geburt an angehören, schließen dabei aus, dass der Mensch selbst Gegenstand von Eigentum werden kann.
Dass das nicht immer so selbstverständlich war, wird im Staatsgrundgesetz von 1867, einem Teil der österreichischen Bundesverfassung, deutlich. Dort heißt es im Artikel 7: ”Jeder Untertänigkeits- und Hörigkeitsverband ist für immer aufgehoben. Jede aus dem Titel des geteilten Eigentums auf Liegenschaften haftende Schuldigkeit ist ablösbar, ....” Der Mensch kann somit weder gekauft noch verkauft werden.”
0.02.
Humanressourcen sind daher nicht eigentums- und bilanzfähig. Der Mensch kann jedoch als Rechtssubjekt seine Arbeitskraft in Form von Lohnarbeit an andere verkaufen und wird diese von anderen gekauft. Ebenso sind mit Menschen abgeschlossene Verträge auf Erbringung einer besonderen Leistung möglich. Diese Verträge sind eigentumsfähig.
0.03.
Es gibt nur solange Lohnarbeit (Erwerbsarbeit), wie sich jemand findet, diese Lohnarbeit auf sein Risiko vorzufinanzieren. Da aber als Ausgleich für dieses Risiko ein Gewinn erwartet wird, gibt es Lohnarbeit auch nur solange, wie dieser Gewinn aus der Nutzung von Lohnarbeit erwartet werden kann.
Der Lohnarbeiter kann durch die Bezahlung in Geld bereits vor Fertigstellung und Verkauf des Produktes auf die am Markt angebotenen Waren zugreifen. Ob das Produkt gelingt und auch verkauft werden kann, dieses Risiko trägt allein der Unternehmer. Für den Lohnarbeiter wir diese Gegebenheit erst dann schlagend, wenn der Unternehmer zahlungsunfähig wird.
Damit ist auch erklärt, dass mit dem Sinken der Gewinne nicht gegengleich eine Erhöhung des gesamten Arbeitseinkommens verbunden ist, sondern das Gegenteil. Wenn das Risiko steigt, dass keine ausreichenden Gewinne mehr zu erwarten sind, wird auch immer weniger Lohnarbeit angeboten.
1. Eigentum und Vermögen - Geldwirtschaft als Vertragswirtschaft
1.01.
Eigentum unterscheidet sich deutlich vom Besitz. Eigentum ist ein Rechtskonstrukt, also etwas immaterielles, das einen Rechtsanspruch sowohl auf Materielles als auch Immaterielles zuweist. Es äußert sich zivilrechtlich in Form von Verträgen und öffentlich-rechtlich in Form von Bescheiden. Eigentum setzt den Rechtsstaat (Rechtsgemeinschaft) voraus.
Das Eigentum an Boden und darauf errichteter Bauwerke äußert sich durch eine Eintragung ins Grundbuch, das Eigentum an Gütern durch eine Zahlungsbestätigung, das an einer offenen Forderung durch einen zivilrechtlichen Vertrag, das an einer Betriebsbewilligung in einem Bescheid, das Eigentum eines Gehaltsbezuges in einem Dienstvertrag oder einem Bescheid, das an einer Erfindung in einem Patent, usw..
1.02.
Vermögen und Reichtum äußert sich in der Eigentumsgesellschaft idealtypisch in Forderungen und ‘Verträgen auf Erfüllung in Zukunft’ gegen bzw. mit zweite(n) Personen und nicht in direktem materiellen Besitz. (Geld-)Forderungen sind ihrer Höhe nach in Geld definiert und durch die Verpflichteten bei Fälligkeit in Geld einzulösen. Sie bilden das Geldvermögen.
‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ können nur dann in Geld verwandelt werden, wenn und solange es dritte Personen gibt, die bereit und fähig sind, diese Verträge gegen Geld anzukaufen. Sie bilden das Finanzvermögen.
Die Geldwirtschaft setzt insoweit eine freiheitliche Gesellschaftsordnung voraus, als in ökonomischer Hinsicht individuelle Vertragsfähigkeit unabdingbar ist. Nur vertragsfähige Personen können Vertragsverpflichtung übernehmen. Forderungen (Guthaben) und Verpflichtungen (Schulden) sind unabdingbar aneinander gekoppelt wie die beiden Seiten einer Münze. Forderungen sind Verträge, deren Erfüllung der Höhe (Geldsumme) und der Zeit nach eindeutig definiert ist. Dazu zählen vor allem Kreditverträge, aber auch alle offenen Rechnungen, sowie Anleihen und andere festverzinsliche Wertpapiere, nicht aber Aktien.
Aktien sind ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’. Sie sind hinsichtlich Betrag und Einlösezeitpunkt offengelassene, an Börsen gehandelte Wertpapiere, die dort von Dritten mit Geld gekauft werden. Nur in Ausnahmefällen werden sie von den Emittenten zurückgekauft.
1.03.
Die Geldwirtschaft ist eine Form des Wirtschaftens, die sich aus dem Umgang mit Eigentum heraus entfaltet sowie Eigentum systemisch voraussetzt. Geldwirtschaft ist damit ‘Vertragsökonomie’, die den Rechtsstaat zwingend voraussetzt. Ihm obliegt es, mit seinem Gewaltmonopol die Einhaltung der Verträge durchzusetzen. Erwerb und Mehrung von Eigentum ist dabei nur auf ‘ökonomischem’ Weg möglich.
Wenn von ‘Deregulierung’ gesprochen wird, so kann sich das immer nur auf den Inhalt und die Schranken des Eigentums beziehen. Generell ist jedoch Geldwirtschaft ohne Regeln und deren Durchsetzung durch das staatliche Gewaltmonopol nicht denkbar. Sie würde sich rasch wieder hin zu einer ‘War-Lord-Gesellschaft‘ oder Gewaltherrschaft wandeln.
1.04.
Ein deutliches Abbild dieser Vertragsökonomie ist die Bilanz einer Kapitalgesellschaft. Dort stehen dem Real- und Geldvermögen sowie ‘fremdem Finanzvermögen’ auf der linken Seite der Bilanz die Rechte (und Pflichten) des Eigenkapitals und die Rechte des Fremdkapitals auf der rechten Seite gegenüber. Das Eigenkapital übernimmt dabei die Haftungsverpflichtungen gegenüber den Rechten (Forderungen) des Fremdkapitals.
‘Fremdes Finanzvermögen’ auf der linken Seite der Bilanz sind Aktien anderer Unternehmungen, deren Wert sich im Ankaufspreis ausdrückt, solange der höhere Kurswert nicht realisiert ist.
Der Ertrag des Eigenkapitals ergibt sich nach Abzug des Anspruches des Fremdkapitals vom Gesamtertrag. Dementsprechend ergibt sich für das Eigenkapital ein unterschiedlich hoher Gewinn oder Verlust. Das Haftungsrisiko übernimmt das Eigenkapital aber nur deshalb und solange es hierfür mittelfristig einen ausreichend hohen Ertrag (Gewinn) erwarten kann.
2. Eigentum und Geld
2.01.
Wirtschaftliche Tätigkeit ist das Zusammenfügen von verschiedenen Ressourcen zu einem ‘fertigen’ Produkt. Diese Ressourcen in Form von Einrichtungen, Vormaterialien, aber auch in Form von Lohnarbeit, befinden sich in der Eigentumsgesellschaft mehrheitlich nicht im Eigentum des jeweiligen Unternehmers. Insbesondere gilt dies für die menschliche Arbeitskraft.
2.02.
Der Zugriff ist in einer geldlos gedachten Wirtschaft durch die Beteiligung der Eigentümer der benötigten Fremdressourcen am materiellen Erlös des Endproduktes möglich. Hierzu werden mit diesen Eigentümern ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ abgeschlossen. So wie aber diese damit am Ertrag des Endproduktes partizipieren, tragen sie auch das Risiko eines Verlustes mit.
2.03.
Die Geldwirtschaft, in welcher der Zugriff mit der Bezahlung in Geld möglich wird, unterscheidet sich deutlich davon. Mit der Bezahlung in Geld werden die Eigentümer der Fremdressourcen aus diesen ‘Verträgen auf Erfüllung in Zukunft’ mit allen ihren positiven wie auch negativen Folgen entlassen. Sie werden zudem in die Lage versetzt, unmittelbar – also in der Gegenwart - auf anderes Eigentum, das am Markt angeboten wird, zugreifen zu können.
2.04.
Insbesondere wird dem Lohnarbeiter der Zugang zu den am Markt angebotenen Waren und Leistungen möglich, ehe noch sein Produkt verkauft werden kann. Dieser Vorteil der Lohnarbeit wird gegenwärtig unter den Bedingungen des Verlustes von ‘Lebensarbeitsplätzen in den Kernbereichen’ und dem Entstehen der sgn. ‘neuen Selbständigkeit’ erst so recht sichtbar, wo sich der ‘neue Selbständige’ bis zum Zeitpunkt der Zahlung in Zukunft selbst vorfinanzieren muss.
2.05.
Die Bezahlung in Geld wird aber nur deshalb möglich, weil das Unternehmen als Käufer der Fremdressourcen seinerseits ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form von Aktien an Vermögenseigentümer gegen Geld verkauft. Die Vermögenseigentümer werden dadurch zu Kapitalgebern. Sie werden es aber nur deshalb, weil und solange sie für die Übernahme des Risikos und der Haftung einen Ertrag in Form des Gewinnes oder in Form der Kurssteigerung der Aktien erwarten können.
2.06.
Es gilt also: ‘Kaufen, um teurer zu verkaufen’. Dieses wird zur allgemeinen Formel der Geldwirtschaft. Diese wird so nicht durch die Bereitstellung von ‘sinnvollen’ Produkten angetrieben, sondern durch das Bemühen der Akkumulierung von Geld. Besteht nicht genügend Aussicht, teurer verkaufen zu können, wird nicht gekauft. Das gilt auch und gerade für Aktien. Wo aber nicht gekauft wird, gibt es kein Geld.
‘Vorher kaufen, um später teurer zu verkaufen’: Das ist das Anliegen des Wurstsemmelverkäufers beim Straßenfest, des Kleinkrämers, des Kleider- und Sportartikelhändlers, des Fabrikanten, der die menschliche Arbeitskraft, Maschine, Vorfabrikante,... kauft. Dieses ‘Vorher kaufen’ unterscheidet die Geldwirtschaft ganz deutlich von einer Tauschwirtschaft, wo vorher verkauft und dann mit dem Erlös erst gekauft wird. Nur dort aber, wo zuerst gekauft wird, um später dann verkaufen zu können, entsteht jene Zeitspanne, die eine Verschuldung begründet, deren Auflösung durch Geld erfolgt.
2.07.
Der Preis der ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form der Aktien wird stark durch Erwartungshaltungen beeinflusst.
2.08.
Die Unternehmen, die zu Kapitalgesellschaften werden, sind so nun in der Lage, Forderungen gegen sich selbst auszustellen, die von den Geschäftsbanken gegen Buchgeld (Forderungen auf Geld) bzw. von diesen bei der Notenbank gegen Notenbank-Geld eingelöst werden. Die Unternehmen sind kreditfähig, d.h., in der Lage, sich zu verschulden. Die gesamte Geldmenge kann durch die Verpfändung des Eigenkapitals vergrößert werden. Die mit dem Eigenkapital erworbenen Anlagen dienen als Sicherstellung des Kredites.
Ein ‘guter Handelswechsel’ ist eine Forderung, die von einer Geschäftsbank gegen Buchgeld eingelöst wird, den diese aber auch von der Notenbank mit Notenbankgeld refinanzieren lassen kann. So wird zuerst Buchgeld, und, falls die Geschäftsbank Notenbankgeld benötigt, dieses durch einen Notenbankkredit geschöpft. Bei Präsentation des Wechsels durch die Notenbank bei der Geschäftsbank des Wechselgläubigers wird dann Notenbankgeld wieder ‘vernichtet’. D.h., die Banknoten werden wieder zu ‘streng verrechneten Drucksorten’, verlieren also ihre Geldeigenschaft. Um keinen Einbruch in der Geldmenge zu verursachen, muss über andere Wechsel - d.h. neue Verschuldung - Geld wieder neu geschöpft werden. Ähnlich wird Buchgeld vernichtet, indem in den Geschäftsbanken beide Seiten der Bilanz gekürzt werden.
2.09.
Da die Notenbank keine Einlagengeschäfte betreibt, kann sie zwangsläufig ihre Kredite nicht aus Geldeinlagen heraus geben. Sie kann sie - so gesehen - nur aus dem ‘Nichts’ schöpfen. Ebenso können das die Geschäftsbanken tun. Dies bildet sich so auch in deren Bilanzen ab: Der aushaftenden Kreditsumme auf der Passivseite steht die Forderungen gegen den Kreditnehmer als Aktiva auf der Vermögensseite gegenüber - und nicht eine Einlage eines Sparers.
‘Nichts’ heißt dabei aber nur, dass hinter dem Geldkredit keine gleich hohe Geldersparnis steht. Es muss aber hinter dem Kredit bereits vorhandenes Eigentum als Sicherstellung stehen. Dieses ist auch die Sicherstellung der Forderung gegen die Bank, die auf der Passivseite eingetragen ist, während die Spareinlage selbst auf der Habenseite steht.
2.10.
Mit der Bezahlung in Geld ist für den Verkäufer einer Ressource insoweit ein positives Ergebnis vorweggenommen, als er nicht auf das in Fertigung begriffene Produkt und dessen Verkaufserfolg warten muss. Mit dem erlösten Geld kann er sofort auf das Eigentum anderer zugreifen. Dieser sein Zugriff muss aber in Zukunft durch die Hervorbringung eines verkaufsfähigen Produktes aus der noch laufende Produktion ausgeglichen werden. Ob dies aber tatsächlich gelingt, ist nun allein das Risiko des Unternehmens bzw. dessen Eigentümer.
2.11.
Kredite werden bei den Banken als Forderungen verbucht, die mit bereits vorhandenem Vermögen (Eigentum) des Kreditnehmers (Schuldners) besichert sein müssen, um die Vorwegnahme des Zugriffs auf das Eigentum anderer auch dann nachträglich erfüllen zu können, wenn Produktion und/oder Verkauf misslingen. Die Erfüllung erfolgt dann zum Ausgleich mit dem Erlös des verpfändeten Eigentum.
Es mag der Eindruck entstehen, dass für den Unternehmer ganz am Anfang Geld und nicht Eigentum erforderlich ist. Dies täuscht aber insofern, als eben Geld zum Erwerb jenes Eigentums erforderlich ist, das dann gegen Kredite verpfändet werden kann. Das Haben von Geld als Voraussetzung gilt so für einen fortgeschrittenen Entwicklungszustand, nicht aber für den Take-off.
2.12.
Für die Entstehung von Geld in Form von Kreditgeld ist Eigentum die ursprüngliche Voraussetzung. Dieses Eigentum entsteht durch einen Rechtsakt, maßgeblich in Form des Bodeneigentums. Die Hypothek, die Verpfändbarkeit von Bodeneigentum, steht daher am Anfang der Entwicklung der modernen Kreditgeldwirtschaft.
2.13.
Die Höhe der volkswirtschaftlichen Kreditsumme ist nicht durch die Summe der Spareinlagen begrenzt, sondern nur durch die Höhe des haftungsfähigen Eigentums. Die Aktieninhaber haften als Vermögenseigentümer kollektiv mit ihrem Eigentum (Eigenkapital). Durch zusätzliche Aufnahme von Krediten, d.h. durch zusätzliche Verschuldung und damit zusätzliche Geldschöpfung, wird diese Haftungssumme vergrößert.
Die Vermögenseigentümer haften mit ihren Eigenkapital für das Fremdkapital, indem sich ihre Vermögensansprüche als Restposten aus der Bilanzsumme abzüglich der Fremdkapitalforderungen ergeben. Dies wird dann schlagend, wenn das Vermögen auf der rechten Seite wertberichtigt werden muss und sich so die Bilanzsumme verkleinert. Wird zusätzliches Fremdkapital aufgenommen, wird mit der zusätzlichen Geldmenge die Haftungssumme größer, der Restposten als Anspruch des Eigenkapitals im Falle des Falles kleiner
B. Systemische Prozesse
3. Geld und ökonomische Dynamik
3.01.
Die Höhe der Geldmenge, bestehend aus Notenbank- und Buchgeld, hängt von der Verschuldungsbereitschaft der Vermögenseigentümer und des Staates ab.
.
3.02.
Zusätzliches Geld wird makroökonomisch von den Unternehmen ausgegeben, wenn diese über die Finanzierung der bisherigen Produktion von Konsumgütern hinaus noch Ausgaben für (Netto-) Investitionen tätigen. Damit aber steigt das Volkseinkommen und die effektive Nachfrage. Jetzt können die bereits am Markt befindlichen Produkte mit Preisen verkauft werden, die höher sind als deren Produktionskosten in der Vorperiode. Ein positiver gesamtvolkswirtschaftlicher Saldo der Gewinne und Verluste wird damit möglich.
Für die laufende Produktion von Konsumgütern schlagen die Lohn- , Material- und Betriebsmittelkosten sowie die Abschreibungen der zeitlich zurückliegenden Investitionen zu Buche. Mit den Abschreibungen werden die Ersatzinvestitionen getätigt, die zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes dienen. Netto-Investitionen sind darüber hinausgehende Investitionen. Dazu zählen auch die Neuentwicklungen von arbeits-, material- und energiesparenden Produktionen und Produkten. Diese Netto-Investitionen sind die eigentlichen Investitionen, für die zusätzliches Geld ausgegeben werden muss, das gesamtvolkswirtschaftlich bislang nicht vorhanden war.
3.03.
Weil durch den Gewinnaufschlag die Preise der am Markt angebotenen Konsumgüter höher sind als deren Kosten, können die in der Konsumgüter-Produktion Beschäftigten ihr ganzes Produkt nicht selbst kaufen. Zwangsläufig bleibt damit ein Teil übrig, den die in der Investitionsgüterindustrie Beschäftigten mit ihrem Einkommen kaufen. Dieses Einkommen stammt aus der Neuschöpfung von Geld. Bewirkt wird dadurch ein von den Arbeitern nicht wahrgenommenes Zwangssparen, das den gewaltigen Fortschritt des Geldwirtschaft mit hervorgebracht hat.
Für die Netto-Investitionen sind zusätzliche Arbeitskräfte zu beschäftigen und zu entlohnen, die aber mit ihrem zusätzlich geschaffenen Geldeinkommen nur auf das Produkt der in der Konsumgüterfertigung Beschäftigten zurückgreifen können. Da damit aber die effektive monetäre Nachfrage steigt, können die Konsumgüter zu höheren Preisen verkauft werden, als sie deren Erzeugungskosten entsprechen.
3.04.
Diese List fällt nur solange nicht auf, wie die solcherart zusätzlich aus der Subsistenzwirtschaft in die Erwerbswirtschaft hineingenommenen Arbeiter so produktiv eingesetzt werden, dass der technische Fortschritt und die damit steigende Produktivität der Arbeitskraft dieses Zwangssparen zeitverzögert immer wieder überkompensiert.
Das so bedingte Zwangssparen in der gegenwärtigen Periode wird kompensiert bis überkompensiert durch die gestiegene Produktivität der in der vergangenen Periode durchgeführten Netto-Investitionen. Diese Zeitverschiebung kann aber nicht wahrgenommen werden.
3.05.
Die Neuschöpfung von Geld muss kontrolliert erfolgen, um so eine höhere Produktivität und gerade nicht eine inflationäre Verdünnung der Kaufkraft des Geldes zu bewirken. Die Kontrolle erfolgt durch die Notenbank über den Notenbankzinssatz (Diskont) und den Mindestreservesatz.
Der Mindestreservesatz, das ist das Verhältnis der gehaltenen Notenbankgeldmenge (Bargeldmenge) zu den vergebenen Krediten, begrenzt die Buchgeldschöpfung der Geschäftsbanken. Die Geschäftsbank erhält dieses Bargeld entweder von der Notenbank oder vom Bankenpublikum. Im Wettbewerb um dieses Publikum werden die Sparzinsen vom Notenbankzinssatz (unter Einrechnung von Nebenspesen) limitiert, da es für die Geschäftsbank sonst billiger ist, sich bei der Notenbank zu refinanzieren. Dabei geht es auch darum, das Bankenpublikum möglichst vom Halten bzw. Verwenden von Bargeld durch immer neue technische Innovationen (bargeldloser Zahlungsverkehr, Kreditkarten,...) abzuhalten. Letztlich wird aber die gesamte Geldmenge von der Verschuldungsbereitschaft, insbesondere der Unternehmen, abhängen.
3.06.
Der Zins zwingt zu Wachstum, weil damit eine Auslese unter den Investitionen zugunsten jener bewirkt werden soll, welche die besten Produktivitätsergebnisse erzielen. Dieser Zins kann aber nur solange bezahlt werden, wie ein Überschuss der Einnahmen über den Ausgaben aller Unternehmen zusammen erzielt wird.
Zinsen und auch Gewinnsteuern können nur dann bezahlt und Netto-Gewinne nur dann verbucht werden, wenn ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben in Form des Brutto-brutto-Gewinnes erzielt wird.
4. Wettbewerb und Wachstum
4.01.
In einer Wettbewerbswirtschaft fließen die Ausgaben (Kosten) der einzelnen Unternehmen nicht komplementär in Form von Einnahmen dorthin wieder zurück. Dies führt in einer stationären Wirtschaft, also einer ohne Wachstum durch Netto-Investitionen, zwangsläufig dazu, dass das, was die einen an Mehreinnahmen gegenüber den Gesamtkosten erzielen, bei den anderen zu in Summe gleich hohen Mindereinnahmen zu Buche schlagen muss.
Gesamtvolkswirtschaftlich ist dann die Summe der Gewinne gleich der Summe der Verluste. In diesem Nullsummenspiel würde ein sehr großer Teil (die ‘Hälfte’) der Unternehmen in die Verlustzone geraten und müsste mittelfristig aus dem Wirtschaftsprozess ausscheiden.
4.02.
Damit die Wirtschaft ausreichend stabil ist, müssen schon unter den (theoretischen) Bedingungen einer zinslosen Geldwirtschaft die gesamtvolkswirtschaftlich Gewinne ungleich höher sein als die Verluste. Dieser makroökonomischen positive Saldo der Gewinne und Verluste (positiver Gewinnsaldo) aber verlangt insgesamt höhere Erträge als Aufwendungen.
Instabil wird die Wirtschaft dann, wenn allzu viele Unternehmen in die Verlustzone geraten und früher oder später bankrottieren, weil sie ihre Darlehen nicht mehr tilgen können, bzw. ihre Eigenmittel immer mehr verlieren. Diese Dynamik wird immer schlagender, je mehr der gesamtvolkswirtschaftliche Gewinnsaldo gegen Null geht.
4.03.
In einer stationäre Wirtschaft, in der immer wieder die gleichen Produkte in gleicher Stückzahl produziert werden, führt der Wettbewerb zu sinkenden Stückkosten und in der Folge zu einer Schrumpfung des monetären Volkseinkommens. Sinkt jedoch das monetäre Volkseinkommen gegenüber der Vorperiode, können die in der Vorperiode noch zu höheren Stückkosten erzeugten Produkte heute nicht einmal mehr kostendeckend verkauft und damit nicht einmal die makroökonomisch aushaftenden Schulden getilgt werden. (siehe dazu 3.02)
Zum Ausgleich braucht es deshalb eines ausreichend hohen Wachstums durch Netto-Investitionen. Die schrumpfenden Stückkosten aus den wettbewerbsbedingten Rationalisierungen müssen durch das Wachstum der produzierten und verkauften Stückzahlen nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert werden.
.
4.04.
Ein Gutteil des einzelunternehmerischen Gewinnes stammt nicht aus dem Wettbewerb der Unternehmer untereinander, sondern aus dem gemeinsamen Wachstum der Wirtschaft. Diese Alimentierung des Gewinnes aus dem Wachstum mildert den Wettbewerbsdruck.
In diesem Fall geht es nur mehr um die Höhe der Gewinne, nicht mehr aber so sehr um die Frage, ob Gewinn oder Verlust. Damit geht es auch nicht so heiß um die Frage des wirtschaftlichen Überlebens.
4.05.
Bei sinkendem Wachstum wird die Alimentierung des Gewinnes immer geringer und die Bedeutung des Wettbewerbs immer größer. Damit aber erzwingen die Gewinne bei den einen in Summe immer mehr gleich hohe Verlust bei anderen. Der Wettkampf um das Überleben wird härter, das Anlegen von strategischen Reserven für Notzeiten immer bedeutsamer.
Hier findet sich vielleicht die entscheidende Ursache für die Entwicklung hin zum Neoliberalismus. Dieser ist demnach zwangsläufig in der Entwicklung der Geldwirtschaft - des Kapitalismus - angelegt und nicht so sehr eine neue Böswilligkeit der Kapitalisten.
4.06.
Unternehmen in Form von Kapitalgesellschaften, die in die Verlustzone oder in deren Nähe geraten, werden einen Verfall ihrer Aktienkurse hinnehmen müssen, der in der Folge einen selbstreferentiellen Abstoßprozess dieser Papiere initiiert, bei dem die Kurse immer weiter verfallen. Dagegen werden die Aktien jener Gesellschaften, die noch gute Gewinne einfahren, durch einen selbstreferentiellen Kaufprozess immer weiter im Kurs steigen.
4.07.
Die erfolgreichen Unternehmen werden die günstige Gelegenheit ergreifen, die Aktienmehrheit der Unternehmen mit verfallenden Kursen diskret zu erwerben, um so Mitbewerber auszuschalten und die eigene Position zu stärken. Ein Anstieg der Aktien des Übernehmers als auch des Übernommenen ist in Folge des Konzentrations- und Konsolidierungsprozesses zu erwarten.
4.08.
Im Marktwert des Eigenkapitals, dem Shareholder-value, manifestiert sich die Position des jeweiligen Unternehmens in diesem Überlebenskampf. Hierfür gilt es, sich möglichst fit zu machen.
C. Historische Prozesse
5. Die Wachstumsphase: Das Vordringen der Erwerbsarbeit
5.01.
Noch um 1700 sind rd. 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Damit leben sie in einer nahezu autarken Ökonomie, einer ‘Land- und Hauswirtschaft’, wo am Acker die Rohprodukte hervorgebracht und diese im Haus veredelt werden. Hier wird nahezu alles Lebensnotwendige mit eigenen Arbeitskräften und aus eigenen Ressourcen - vor allem Grund und Boden - selbst erzeugt. Nur Überschüsse werden gegen andere Überschüsse anderer Hauswirtschaften getauscht. Geld wird nur als Tauschhilfsmittel gebraucht.
Auf Ressourcen im Besitz anderer wird nur selten zurückgegriffen, d.h., es wird kaum etwas investiert, das nicht aus eigenen Quellen stammt. Damit stellt sich auch nicht die Frage der Vorfinanzierung, wie sie heute notwendig ist.
5.02.
Mit der Einführung des Eigentums an Grund und Boden in der Folge der französischen Revolution und der damit nun gegebenen Verschuldbarkeit der Bauern treten in der landwirtschaftlichen Produktion große Veränderungen ein. Gutsbesitzer und Bauern können nun Investitionen durchführen, bei denen auf das Eigentum Dritter zurückgegriffen wird. Damit beginnt die Geschichte der Auslagerung der vertiefenden Wertschöpfung aus der Landwirtschaft.
Als eine der ersten wird die bislang in den Bauernstuben zur Winterszeit betriebene Spinnerei und Weberei in die Wollmanufakturen verlagert, die zu den ersten industriellen Betrieben werden.
5.03.
Diese ‘Land- und Hauswirtschaft’ teilt sich in den folgenden Jahrhunderten immer mehr in eine reine Landbewirtschaftung mit vorgeschalteter Vorleistungs- und nachgelagerter Verarbeitungsindustrie einerseits und eine immer weiter schrumpfende Hauswirtschaft andererseits. Die ursprüngliche Subsistenzproduktion in der (bäuerlichen) Hauswirtschaft verkommt damit immer mehr zum ‘Mikrowellen-Haushalt’ und zum Absatzgebiet der ‘Fertiggerichte-Industrie’, während die Landwirtschaft sich zu einer Rohstoffproduktion reduziert, die immer mehr in die Abhängigkeit von einer immer weiter sich ausdehnenden Geräte- Maschinen- und Betriebsmittelindustrie einerseits und der Lebensmittelindustrie andererseits gerät.
Bringt der Bauer ursprünglich nahezu alles, was er brauchte, das Saatgut, den Dünger, die Zugkraft der Tiere, das Baumaterial des Hauses, die Arbeitskraft der Menschen, selbst hervor, hängt er heute immer mehr von der Saatgut-, Dünger-, Treibstoff- und Maschinenindustrie ab und beliefert immer mehr nur die verarbeitende Industrie. Und die Hauswirtschaft, in der das verarbeitet und veredelt wird, was Feld und Stall liefert, reduziert sich immer mehr auf das Einschalten der Mikrowelle im Resthaushalt.
5.04.
Ähnliches passiert in den anderen Bereichen des Lebensnotwendigen: Bei der Bekleidung, bei der Herstellung von Baumaterialien. Immer mehr wird das, was früher selbst in Eigenarbeit erzeugt worden ist, zum Industrieerzeugnis. All diese industriellen Fertigungen sind aber mit Investitionen verbunden, d.h. mit Krediten und mit Kreditgeld. Die auf Kreditgeld beruhende Geldwirtschaft wird also immer breiter, während der bislang noch in vielfältiger Weise vorhandene Subsistenzsektor in seiner Tiefe immer mehr schrumpft. Immer mehr werden mit Geld nur mehr Industrieerzeugnisse gekauft.
Vormals leben in einem Bürgerhaushalt nicht nur Frau und Kinder von dem einen Erwerbseinkommen des Mannes, sondern auch noch das Hauspersonal, Zugehfrauen, Träger und Boten usw. Das Geld des Hausherrn fließt also noch über mehrere Kaskaden, ehe es wieder zum Ankauf eines Produktes aus der Industrie verwendet wird. Mit fortschreitender Industrialisierung wandert auch das Hauspersonal immer in die Industrie ab und bezieht nun selbst ein Erwerbseinkommen. Der Strom des Erwerbseinkommens wird so immer breiter, während die Kaskaden, über die es in die Industrie zurückfließt, immer weniger werden. Wenn letztlich alles industrialisiert ist, fließt das Geld unmittelbar über Industrieprodukte wieder in den Industriesektor zurück.
5.05.
Solange die Konsumgüterindustrie sich in den noch vorhandenen Subsistenzsektor hinein mit industriellen Produkten genügend ausbreiten, sowie darüberhinausgehend genügend neue Konsum-Bedürfnisse entwickeln kann und sich dabei Möglichkeiten für Erweiterungsinvestitionen finden, wird in der Wettbewerbswirtschaft eine positiver Gewinnsaldo gesichert sein.
Industrielle Produkte sind dadurch gekennzeichnet, dass die stetig wachsenden Lohnkosten auf eine wachsende Produkt-Stückzahl aufgeteilt werden, so dass die Lohnstückkosten sogar sinken können. Da dies bei der reinen persönlichen Dienstleistung - wo also kaum Investitionen in Einrichtungen Voraussetzung sind - nicht möglich ist, wird sich diese auch nicht als vorfinanziertes Industrieprodukt behaupten können.
5.06.
Die positive Gewinnsituation in den industriellen Kernbereichen ist andererseits Voraussetzung, dass sich diese noch weiter ausdehnt und die Rationalisierungsinvestitionen noch einigermaßen durch Erweiterungsinvestitionen ergänzt werden. Nur unter diesen Voraussetzungen ist die Entwicklung der Erwerbsarbeitsplätze eine solche, dass ‘Vollbeschäftigung bei laufender Arbeitszeitverkürzung’ erzielt werden kann.
5.07.
Im Gegensatz zur Ansicht, dass sinkende Lohneinkommen zu steigenden Gewinnen führen, sollte aus obigem deutlich werden, dass zurückgehende Netto-Investitionen und damit steigender Wettbewerb nicht nur zu einem Druck auf das gesamte Lohneinkommen, sondern auch zu einem Druck auf den Gewinnsaldo und die allgemeine Gewinnsituation führt und damit die Investitionstätigkeit weiter negativ beeinflusst.
6. Die Schrumpfungsphase: Von der Erwerbsarbeit zurück zur Taglöhnerei
6.01.
Mit sinkender Nachfrage nach Konsumgütern aus dem industriellen Kernbereich können die einzelnen Unternehmen die hohen Kosten der Rationalisierungsinvestitionen immer weniger durch gleichzeitige Steigerung der abgesetzten Stückzahlen (Fixkostendegression) verdienen. Der Sinn des Wettbewerbes, nämlich die Reduzierung der Stückkosten, kann nicht mehr erfüllt werden.
6.02.
Damit kommt es zu einer neuen Dynamik, die gekennzeichnet ist durch eine Wende weg von der ‘All-Winer -Situation’ hin zur ‘Winer-Looser-Situation’. Gewinne sind immer mehr nur durch relative Kostensenkung des einzelnen Unternehmens im Vergleich zu den anderen erzielbar. Die Wirtschaft nähert sich so immer mehr einem Nullsummenspiel.
Gewinne werden immer weniger durch die Ausgaben für Netto-Investitionen alimentiert. Gewinne sind nur mehr dann erzielbar, wenn unter sonst gleichbleibenden Umständen die eigene Produktion mit geringeren Kosten möglich ist.
6.03.
Zwischen den einzelnen Unternehmen tritt ein Wettbewerb im Sparen ein, der dadurch gekennzeichnet ist, dass neben den Rationalisierungsinvestitionen immer mehr Rationalisierungen ohne Investitionen durch Ausschöpfung organisatorischer Reserven zum Tragen kommen: Lean management, lean production.
In diese Kerbe schlagen nicht nur Betriebsorganisations-Berater, sondern auch Vertreter des nachhaltigen Wirtschaftens, die eine effizientere Verwendung von materiellen Ressourcen vorschlagen. Davon ist natürlich die vorgelagerte Grundstoffindustrie in ihrem Fixkostenkalkül betroffen: Weniger Umsatz bringt dort höhere Kosten pro Einheit, die anderweitig eingespart werden müssen.
6.04.
Auch bei laufender Arbeitszeitverkürzung wird es damit zu einem laufenden Rückgang der Beschäftigung im industriellen Kernbereich kommen. Dies aber führt zwangsläufig zur Schrumpfung der gesamten (monetären) Wertschöpfung dieses Bereiches.
Bei mangelnden Erweiterungsinvestitionen und auch bei mangelnden Rationalisierungsinvestitionen, aber verstärkten Kosteneinsparungen über die Ausschöpfung organisatorischer Leerläufe, wird das Angebot an Erwerbsarbeitsplätzen zurückgehen. So wird etwa damit argumentiert, dass mit den Kosteneinsparungen zufolge Verwaltungsvereinfachung neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Tatsächlich wird damit aber in Summe das Arbeitsplatzangebot nicht verbessert, sondern verschlechtert. Verbessert wird dadurch nur die Wettbewerbsfähigkeit des einzelnen Unternehmens oder einer Volkswirtschaft am Weltmarkt.
6.05.
Eine der organisatorischen Reserven ist die Auslagerung derzeitiger Angestellten- und Arbeiterbeschäftigungen: Contracting, Outsourcing, Insourcing, .... Entscheidend dabei ist eine Tendenz weg von Fixkosten hin zu variablen Kosten und damit überhaupt zu weniger oder weniger langer Vorfinanzierung der gesamten Produktionskosten. Die Unternehmen können so ihre Verschuldung (Fremdfinanzierung) verringern und damit wieder Kosten sparen.
Die Unternehmen versuchen auf diese Weise von den arbeits- und kollektivvertragsrechtlichen Anforderungen und damit Kostenbelastungen wegzukommen, bzw. überhaupt von den Kosten der Vorfinanzierung der Lohnarbeit.
6.06.
Die Beschäftigten sollen ihre Lebenshaltung selbst vorfinanzieren, indem sie auf ihre Ersparnisse zurückgreifen, die sie bislang den Unternehmern geborgt haben, die ihnen dafür Zinsen zahlen müssen. Die Unternehmer sparen sich so die Zinsen und einen Teil des Risikos.
6.07.
Der laufende Rückgang der Beschäftigung in den Kernbereichen führt zu neuen Beschäftigungsformen, die positiv gewendet als die ‘neue Selbständigkeit’ firmieren, negativ gewendet aber als ‘prekäre Arbeitsverhältnisse’ gelten. Sie sind vielfach von neuen Konsummustern der noch in den Kernbereichen Beschäftigten abhängig, diesen also gewissermaßen als Dienstleister nachgelagert. Eine Entwicklung in Richtung einer Rückkehr zur Taglöhnerei scheint angesagt.
Von Gewerkschaftsseite wird neuerdings die ‘Reparaturgesellschaft’ propagiert. Sollte dieses Modell erfolgreich sein, ist es als Konkurrent zur industriellen Massenproduktion zu sehen. Da sie als solcher deren Wettbewerbsfähigkeit verringert, beschleunigt es dort den Schrumpfungsprozess und damit die Freisetzung von Arbeitskräften im Kernbereich - den formellen Arbeitsverhältnissen..
6.08.
Schrumpft der industrielle Kernbereich zugunsten der Reparatur- und Dienstleistungsgesellschaft, wird der von der Industrie ausgehende Geldstrom schmäler, fließt aber über mehr Kaskaden, ehe er wieder zur Industrie zurückkehrt. Der ursprüngliche Prozess, der in Richtung einer ständigen Verbreiterung des Geldstrom und gleichzeitiger Verkürzung des Kreislaufes wirkt, hat sich damit umgedreht. Die Dynamik läuft nun in Richtung ständiger Verschmälerung bei gleichzeitiger Verlängerung des Kreislaufes. Damit werden die Arbeitsplätze in den industriellen Kernbereichen nachhaltig weiter sinken.
Die Längerlebigkeit und die Reparatur von Geräten für den Haushalt, Büros, dem Verkehr, der Freizeitgestaltung, der Fertigung ..... wird die Absatzmöglichkeiten der Industrie drücken. Diese wird deshalb auch hinsichtlich ihres Arbeitplatzangebotes schrumpfen und laufend immer weniger Geld für Lohnarbeit ausgeben. Der in der Industrie Beschäftigte wird sich allerdings nun etwa keine neue Waschmaschine kaufen, sondern die alte reparieren lassen. Der Reparatur wird so von den Industriearbeitern ein Einkommen beziehen, von diesem wieder der Heilmasseur, von diesem das Seminar für neue Heilmethoden, usw. Nur in Teilen wird mit dem jeweiligen Einkommen wieder eine Industrieware gekauft. So läuft das ursprünglich von der Industrie ausgegebene Geld in einer sich verjüngenden Breite über immer mehr Kaskaden, ehe es ganz zur Industrie zurückkehrt.
6.09.
Wenn die Arbeit steuerlich wirkungsvoll entlastet und durch eine Besteuerung des Energie- und Stoffstroms ersetzt werden soll, muss es bei der Entwicklung hin zur Dienstleistungsgesellschaft mit einem deutlich verringerten Durchsatz dieses Stromes zu einer bedeutenden Rückgang des Steueraufkommens kommen.
Der Anteil der Steuern auf den Energie- und Stoffstrom liegt derzeit unter 10% des gesamten Steueraufkommens. Geht man von einem Faktor 4 für die Reduzierung des Energie- und Stoffstroms aus, wie ihn E.U. v. Weizsäcker propagiert, kommt man bei einem vollkommenen Ersatz der Besteuerung der Arbeit durch eine Ressourcensteuer auf einen Steuerfaktor 50.
6.10.
Der Industriebereich gerät in eine nachhaltige Schrumpfungsspirale. Werden in der Wachstumsphase durch die Verbreiterung des Geldstromes Gewinn nahezu für alle Unternehmen möglich, so dreht sich dies durch die Verschmälerung des Geldstromes in der Schrumpfungsphase ins Gegenteil um. Da immer öfter Verluste eingefahren werden, wird immer mehr bei allen gespart und dadurch die auf der Geldökonomie aufbauende Gesamtwirtschaft immer instabiler.
Laut Aussendung des Hauptverband der Sozialversicherungsträger stieg 1996/97 das Bruttoeinkommen der Arbeitnehmer nur mehr um 0,8 Prozent. ” In den Hochlohnbranchen Industrie und Energiewirtschaft gehen Arbeitsplätze verloren, im Dienstleistungsbereich, wo die Durchschnittseinkommen um 20 Prozent niedriger als in der Industrie und im produzierenden Gewerbe sind, werden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.” (OÖN vom 21.08.98)
7. Sicherung des gebundenen Eigentums
7.01.
Die Wachstumsphase der Realinvestitionen ist durch ein freundliches Klima für das Riskieren von Eigenkapital durch die weitere Aufnahme von Fremdmittel für die Erweiterung und Diversifikation gekennzeichnet. Weitgehend ungesättigte Märkte lassen den Ausgang dieses Abenteuers in der Zukunft vorherrschend positiv erscheinen: Alles, was erzeugt wird, lässt sich problemlos verkaufen.
7.02.
Weitgehend gesättigte Märkte vermitteln dagegen immer stärker den Eindruck eines negativen Ausgangs. Der Verkauf wird immer schwieriger. Immer weniger Fremdmittel werden freiwillig aufgenommen. Große Investitionen stoßen zudem immer mehr an natürliche, vor allem aber an politische Grenzen. Das Wachstum sinkt bzw. stagniert.
Wenn Unternehmer den Eindruck gewinnen, dass sie ihre Investitionen nicht mehr abschreiben können, unterbleiben diese. Zudem wird es immer schwieriger, größere Investitionen umzusetzen. Politisch-juristische Grenzen machen sich nicht nur im Widerstand von Bürgern gegen Unternehmensneugründungen und -erweiterungen, sondern auch in der langen Verfahrensdauer bemerkbar. Investoren werden von der Realisierung von Projektes abgehalten, wenn die Verfahrensdauer den Lebenszyklus eines Neuproduktes übertrifft.
7.03.
Der Rückgang der Netto-Investitionen bedeutet einen Rückgang des Geldmengenwachstums, aus dem heraus die Gewinne alimentiert werden. Mit dem Rückgang an Realinvestitionen geht es immer weniger um die Schaffung von neuem gebundenen Eigentum in Form von Realvermögen, sondern immer mehr um die Sicherung des bereits investierten und daher nichtliquiden Eigentums.
7.04.
Das Eigentum an Kapitalgesellschaften besteht aus ‘Verträgen auf Erfüllung in Zukunft’, die nur durch Verkauf liquidisierbar sind, also eines Dritten als Käufer bedürfen. Um sicherzustellen, dass es diese Käufer immer gibt, bedarf es einer entsprechenden Kurspflege. Self-fullfilling-prophecy ist dabei mit eine entscheidende Ursache für ständig steigende Kurse. Bei einem tektonischen Vertrauenseinbruch kann diese Tendenz jedoch in das Gegenteil umschlagen.
7.05.
Geld aus dem Cash-flow, aber auch aus Kreditaufnahmen, das für den Ankauf anderer, aber artverwandter Unternehmen aufgewendet wird, ist als eine Investition in die Sicherung von Märkten und Marken zu sehen. Dahinter steht die Hoffnung, dass die Abschreibung dieser Investitionen durch die Reduzierung des Wettbewerbsdruckes und Ausdehnung des Absatzes gelingt und damit ein Anstieg der Aktienkurse induziert wird.
Investitionen in Aktien artverwandter Unternehmen haben gewissermaßen einen ‘zweifachen Ausgang’. Ist das eigene Unternehmen erfolgreich, hat man mit den Aktien des anderen bereits eine Basis für eine Übernahme und damit Beseitigung eines lästigen Konkurrenten geschaffen. Ist es aber umgekehrt, gibt es in der Form eine Art Quersubvention in Form von Dividenden oder die Lukrierung von Verkaufsgewinnen bei gestiegenen Kursen.
7.06.
Kapitalgesellschaften können Aktien anderer Kapitalgesellschaften erwerben. Diese dürfen auf der linken Seite der Unternehmensbilanz neben dem Anlagevermögen und Geldmögen (Bargeld und Geldforderungen) als Finanzvermögen nur in Höhe des Ankaufswertes eingetragen werden. Weiterhin steigende Kurse der Aktien machen aber die Realisierung eines Gewinnes aus deren Verkauf möglich. Damit kann der Ertrag aus dem operativen Geschäft (EGT) abgesichert werden.
In der reinsten Form stellt sich diese Strategie in jenen Kapitalgesellschaften dar, die sich mit Finanzdienstleistungen beschäftigen. Das Vermögen von Investment- und Pensionsfonds besteht nahezu ausschließlich aus solchem Finanzvermögen. Die wechselseitige Absicherung durch Streuung des Wertpapiereigentums erfolgt hier professionell. Dabei können kapitalkräftige Gesellschaften den Kurs einzelner Papiere sogar noch beeinflussen.
7.07.
Finanzinvestitionen unterscheiden sich von Realinvestitionen im wesentlichen dadurch, dass Geld nicht in Unternehmensneugründungen und Unternehmenserweiterungen investiert wird, sondern in Konzentrationsprozesse. Finanzinvestitionen führen so nicht zur Emission von neuen, sondern nur zu einer Ausweitung des Handels mit bereits vorhandenen Aktien.
Nur bei Unternehmensneugründungen und -erweiterungen gibt es auch neue Arbeitsplätze. Bei Konsolidierungen und Konzentrationen tritt eher das Gegenteil ein.
7.08.
Das Schrumpfen des industriellen Kernbereiches und damit des bewertbaren Realvermögens führt dazu, dass dieses als Gewinngenerator immer wertvoller wird, was sich in steigenden Aktienkursen ausdrückt.
7.09.
Die Ausgaben für die so getätigten Finanzinvestitionen erreichen kaum die vermögenslosen Haushalte. Sie fließen aber zum Gutteil in die Taschen der vermögenden Haushalte. Das eingenommene und vermehrte Geld wird von diesen vielfach wieder zum Ankauf anderer Wertpapiere verwendet. Dem Wertpapiervermögen der Kapitalgesellschaften tritt damit ein breit gestreutes Wertpapiereigentum des gesellschaftlichen Mittelstandes in Form von Investment- und Pensionsfonds gegenüber.
7.10.
Diese breite Streuung des Wertpapiereigentums aber führt auch dazu, dass Geld wieder in den realen Sektor zurückfließt. Dies tritt nicht nur ein, wenn Unternehmen liquide Mittel benötigen, sondern insbesondere dann, wenn die Kleinanleger ihr Vermögen etwa als Alterspension zu verbrauchen beginnen.
8. Die Verwandlung von Geldvermögen in Finanzvermögen
8.01.
Das Ausmaß der Geldmengen, die auf den Finanzmärkten herumschwappen, wird deutlich überschätzt und mit den Umsatzvolumina gleichgesetzt. Diese sehr hohen Umsatzvolumina in der Zeiteinheit ergeben sich aus der hohen Umsatzhäufigkeit der Wertpapiere. Die für die Transaktionen benötigte Geldmenge ist jedoch um Potenzen geringer.
8.02.
Im Gegensatz zur Warensphäre, wo im Regelfall stets das ganze Warenlager verkauft wird und werden muss, weil es zum Verkauf bestimmt ist, wird in der Wertpapiersphäre im Regelfall immer nur ein kleiner Teil des Wertpapierbestandes zum Verkauf angeboten, während der größte Teil gehalten wird.
8.03.
Das Ausmaß der hinter dem Börsenhandel stehenden Gesamtgeldmengen ist sehr viel kleiner als die Summe der Aktien multipliziert mit deren Tageskursen. Der Kurs ergibt sich jeweils aus dem Verhältnis vom Angebot einer marginalen Menge einer bestimmten Aktie zur Nachfrage danach. Für den Kauf der marginalen Menge wird somit nur eine relativ kleinen Geldmenge benötigt, während der große Rest der Wertpapiere den Eigentümer nicht wechselt, somit Geld hier überhaupt nicht eingesetzt wird.
8.04.
Das Finanzvermögen wird jedoch als die Summe der Aktien und anderer Wertpapiere multipliziert mit deren jeweiligen Tageskursen ermittelt. Würden jedoch sämtliche Aktien und Wertpapiere auf einmal angeboten, müsste deren Kurs gegen Null abstürzen , weil bei weitem nicht soviel Geld vorhanden ist, um alle Aktien und Wertpapiere auch nur annähernd zum Tageskurs kaufen zu können.
8.05.
Das Geldvermögen der einkommensstarken Privathaushalte und der Unternehmen wird bei steigenden Aktienkurse zum Ankauf von Aktien verwendet, die im Eigentum anderer Haushalte oder Unternehmen sind, was deren Kurs weiter hinauftreibt. Das so in Umlauf gesetzte Geld fließt so von Haushalten und/oder Unternehmen in andere Haushalte und/oder Unternehmen.
8.06.
Das Geld fließt in Unternehmen zurück, wenn sich Kapitalgesellschaften in der Folge eines Rückkaufes ihrer gesamten Aktien im Streubesitz zu einer Neuemission zu einem Kurs nahe dem Ankaufkurs entschließen. Damit erfolgt eine Aufstockung des Eigenkapitals, womit eine Reduzierung der Fremdmittel möglich wird, während die Privathaushalte ihr Geldvermögen in Finanzvermögen verwandeln.
Diesen Weg geht etwa die Bauholding mit dem Rückkauf der Strabag-Aktien. Die Haushalte, die bisher ihr Geldvermögen in Form von Sparbüchern, festverzinslichen Papieren u.ä.m. gehalten haben, werden mit dem Ankauf der Neuemission zu Unternehmens-Beteiligten mit allen Gewinnen und Risken. Das Unternehmen kassiert dabei Cash in Höhe des Wertes des Neuverkaufs abzüglich dem Mittelwert des Rückkaufs. Die Unternehmen holen so das Geld zurück, das sie ursprünglich durch ihre Kreditaufnahme (Verschuldung) geschaffen haben und mit dem in Privathaushalten Geldvermögen in Form von Ersparnissen gebildet wurde.
8.07.
Setzt sich dies als allgemeine Vorgehensweise durch, erfolgt makroökonomisch durch die Reduzierung der von den Unternehmen benötigten Fremdmittel eine Reduzierung der aushaftenden Kredite. Damit wird dann auch die Geldmenge verkleinert, da Forderungen auf Geld in ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ verwandelt werden. Eine Tendenz zur Deflation wird damit initiiert.
So wie die ständige Geldausweitung durch Netto-Investitionen eine Tendenz zur Inflation bewirkt, kommt es bei einer realwirtschaftlichen Stagnation bis Schrumpfung zu deflationären Entwicklungen.
8.08.
Das weitere Steigen der Aktienkursen ist jedoch notwendig, um die aus den bereits gestiegenen Aktienkursen herrührenden Gewinne nicht in Geld auszahlen zu müssen und die Wertpapiereigentümer vorherrschend zum Halten der Aktien zu bewegen. Soweit einzelne Wertpapiereigentümer Geld jedoch benötigen, müssen sich andere Geldvermögenseigentümer finden, die Wertpapiere kaufen wollen. Diese tun dies aber nur dann, wenn sie einen weiteren Kursanstieg erwarten können.
8.09.
Bei weiterhin steigendem Aktienindex muss demnach im Netto-Effekt der Zufluss von Geld in den Finanzsektor höher sein als der Abfluss. Dieser Netto-Effekt wird durch den Levelrage-Effekt unterstützt, der bewirkt, dass es auch im Finanzsektor zu Netto-Investitionen kommt.
8.10.
Diese so erhöhte Geldmenge verursacht jedoch keine Inflation auf den Warenmärkte, da sie im wesentlichen im Finanzsektor bleibt und außerdem die Erhöhung relativ klein bleibt. Sie hilft aber, die anderweitig, die Schrumpfung der Geldmenge in der Realwirtschaft zu kompensieren und eine deflationäre Entwicklung auf den Warenmärkten hintan zu halten. Zu einer Inflation auf den Warenmärkten würde es nur dann kommen, wenn in der Folge einer Aktienbaisse Stützungskäufe mit Hilfe der Ingangsetzung der Notenpresse durchgeführt würden.
Die Erhöhung der Geldmenge durch den Leverage-Effekt bleibt deshalb klein, weil ja immer nur ein kleiner Teil der Aktien angeboten und nachgefragt wird. Ein Teil des neugeschöpften Geldes fließt über den eher gehobenen Konsum der Kapitaleinkommensbezieher wieder in den Konsum. Gleichermaßen würde eine Wertpapier-Umsatzsteuer den Konsum insoweit beleben, dass eine deflationäre Entwicklung verhindert oder gebremst werden könnte.
9. Spekulative Finanzmarktgeschäfte
9.01.
Die Entwicklung der Geldwirtschaft unter den Bedingungen der Schrumpfungsphase gibt Gelegenheit, abseits jeder realwirtschaftlichen Beziehung Geschäfte mit dem Kauf und Verkauf von Aktien, also ‘Verträgen auf Erfüllung in Zukunft’, zu machen. Hier kommt dann die allgemeine Formel der Geldwirtschaft am reinsten zum Tragen: ‘Kaufen, um teurer zu verkaufen.’
9.02.
Die Preise auf den Finanzmärkten in Form der Aktienkurse werden heute sehr stark durch die Pensions- und Investmentfonds bestimmt. Durch sie wird die Zahl der bestimmenden Käufer/Verkäufer stark eingeengt und einigermaßen überblickbar. Die Auswirkung der Psychologie auf das Marktgeschehen wird damit kontrollierter, die Auswirkungen tektonischer Brüche gedämpft. Andererseits ist die Zahl der Käufer/Verkäufer aber dennoch so groß, dass ein Fonds allein den Markt nicht beherrschen und damit gezielte Kurspolitik betreiben kann.
9.03.
Das Interesse an der Bestandssicherung der einzelnen Fonds als Unternehmen bestimmt das Verhalten der Fondsmanager sowohl in der Hausse- wie in der Baisse-Situationen.
Wie jedes andere Unternehmen muss auch ein Fonds bemüht sein, nicht nur günstig einzukaufen, sondern auch günstig verkaufen zu können, während die Konkurrenz bemüht ist, diesen Möglichkeiten entgegenzuwirken.
9.04.
Um die notwendigen tagtäglichen Rückzahlungen auch nur an einen kleinen Teil ihrer Anleger leisten zu können, sind Investment- und Pensionsfonds gezwungen, tagtäglich neue Anleger aggressiv aufzutreiben. Diese aber finden sich nur dann, wenn sie weiterhin steigende Kurse, also eine Aktien-Hausse, erwarten können.
9.05.
Der davon ausgehende harte Wettbewerb dieser Fonds untereinander um neue ‘Investoren’ bewirkt den Druck der Fondsmanager auf die Unternehmen, den Shareholder-value zu maximieren.
Die kapitalistischen Familienclans a la Krupp u. a. haben im Gegensatz dazu nicht nur auf den Shareholder-value Wert gelegt, also auf den rein monetären Ertrag, sondern auch auf das Unternehmen und seinen langfristigen Bestand als Ausdruck der Familienmacht und gesellschaftlichen Bedeutung, also den Stakeholder-value.
9.06.
Als die maßgeblichen Käufer bzw. Verkäufer von Aktien sind die Fondsmanager genötigt, in der Baisse mit ihrem Verhalten einen allgemeinen Absturz der Aktienkurse hintan zu halten. Das unkontrollierte Abstoßen von Aktien würde einen Verkaufsrun der eigenen Fondspapiere initiieren, der zwangsläufig in der Zahlungsunfähigkeit der Fonds mündete.
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